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Sonst noch was? - Mehr oder weniger einflussreich

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  • 24. Mai 2020, 10:30 Uhr
  • Günter Weigel/SP-X

Dieser Tage erreichte uns eine Einladung, die wir nur mit heiterer Gelassenheit betrachten können. Einer anderen Art von Aufmerksamkeit wäre sie allerdings auch nicht wert.

Wenn ein Unternehmen in vordigitalen Zeiten der Öffentlichkeit etwas mitzuteilen hatte, schrieb es vielleicht eine Pressemitteilung oder lud zu einer Pressekonferenz ein. Für die ungefilterte Mitteilung wurde Werbung geschaltet. Und wollte man auf politische Entscheidungsträger Einfluss nehmen, bediente man sich bei Lobbyisten und Verbänden. So einfach war das mal.Heute ist das anders. Die Kommunikationsformen vermischen sich. Unternehmen können sogar über eigene Kanäle ihre Kunden direkt ansprechen und wo selbst das nicht klappt, etwa weil man als Marke A nicht unbedingt Kunden der Marke B direkt erreicht, nutzt man ergänzend gerne noch sogenannte Influencer. So weit so bekannt. Wir hatten an dieser Stelle schon das eine oder andere Mal auf die geistige Frische der oder des einen oder anderen Influencer(in)s hingewiesen - zuletzt auf jenen, der so schlau war, zu Beginn des Corona-Krise ins gerade geschlossene Spanien zu reisen, um dort festzustellen, dass die dort auch auf einer Party-Insel den Lockdown durchaus ernst nehmen.Wir erlauben es uns daher weiterhin, diese spezielle Form der Kommunikation eher so mittelernst zu nehmen und wunderten uns deshalb diese Woche, dass wir eine Einladung erhielten, Vorschläge für den GIA 2020 zu machen. Das Kürzel steht für den ,,German Influencer Award" und der wird auch in der Kategorie ,,Automotive" verliehen. Jetzt geht es aber nicht einfach darum, Deutschlands Superbeeinflusser in Sachen Mobilität, also Auto zu wählen - nein, es ist komplizierter.Zunächst einmal war uns bislang nicht bewusst, dass es ganz verschiedene Arten von Beeinflussern gibt - also nicht allgemein, sondern auch innerhalb eines Themenspektrums. In diesem Fall eben ,,Automotive" Und natürlich gibt es dann auch genauso viele Preise, pardon ,,Awards" zu verteilen. Der Grundgedanke kommt einem bekannt vor, schließlich haben klassische Medien und Automobilclubs schon vor längerer Zeit solche Preisverleihungen mit möglichst vielen Kategorien und Unterkategorien erfunden, um auch ja möglichst viele Sieger zum Schalten von Anzeigen zu nötigen, pardon zu überzeugen. So klar wie einsichtig.Im Falle des GIA 2020 und der Beeinflusser-Unterkategorien geht es natürlich nicht um SUVs, Kompaktklassen oder Kleinwagen. Das wäre an sich ja noch keine Beeinflussung, sondern eher plumpe Reklame. Nein, die Damen und Herren werden ausgezeichnet in den Kategorien Mega-Influencer, Macro-Influencer, Micro-Influencer und Nano-Influencer. Um es aktuell und nach unserem Verständnis zu übersetzen, wäre der Mega-Influencer demnach so etwas wie das Corona-Virus, während Nano eher so ein Kratzen im Hals ist.Allerdings ist es mit diesen Kategorien allein nicht getan. Sie werden untereinander auch noch in vier Reichweitenklassen unterteilt, quasi und um im Bild zu bleiben von Pandemie bis zum männerschnupfigen Jammern im einsamen Krankenzimmer. Aber am Ende geht es schließlich um Kommunikation, weshalb wir uns den Nano-Influencer in der Reichweitenklasse vier eher im Selbstgespräch vorstellen - Hauptsache es hört überhaupt jemand zu.Da sitzt dann vielleicht ein ältlicher Teenie und grübelt, welches Auto er oder sie sich denn kaufen würde, wenn er oder sie überhaupt das Geld dazu hätte. Dieses Grübeln wird mit dem Smartphone aufgenommen, in die Welt gesendet und schon hat man beeinfluss, in diesem Fall eher Nano. Aber vielleicht verstehen wir das auch mal wieder alles ganz falsch und der Nano-Influencer ist tatsächlich eher ein wertvoller Berater für ganz wenige ausgewählte Zuhörer. Was ja ungefähr aufs Gleiche rauskäme. Wir haben übrigens nach langem und intensivem Nachdenken darauf verzichtet, Vorschläge für den GIA 2020 einzureichen. Sonst noch was? Nächste Woche wieder. 

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