Reisemobil

Panorama: 25 Jahre James Cook auf Mercedes-Sprinter-Basis - Seiner Zeit voraus

  • In RREISEMOBIL
  • 25. Januar 2021, 12:57 Uhr
  • Michael Lennartz/SP-X

Vereint im Campingbus-Klassiker James Cook markieren sie seit 25 Jahren ein Erfolgsduo: der Mercedes Sprinter als Basisfahrzeug und der Westfalia-Ausbau zu einem kompakten und komfortablen, aber leider auch hochpreisigen Wohnmobil.

Zwei Jahre nach dem Start der dritten Generation des Mercedes Sprinters feierte der Stuttgarter Lieferwagen in diesem Jahr ein kleines Jubiläum. 25 Jahre Sprinter bedeuten aber auch 25 Jahre Reisemobile auf Basis des Sternen-Transporters, und im Besonderen 25 Jahre James Cook. Oder genauer: Ein Vierteljahrhundert lang wird der Campingbus für die gehobenen Ansprüche als Kastenwagen-Ausbau des Sprinters gebaut.

Kenner wissen natürlich, dass die Historie des nach dem britischen Seefahrer und Entdecker benannten Wohnmobils mit Kultstatus bis ins Jahr 1977 zurück reicht. Damals debütierte der James Cook auf Basis des Mercedes-Benz T1 (207 bis 209 D), der nach seinem Produktionsstandort auch als ,,Bremer Transporter" bezeichnet wurde. Vor allem mit seinem komplett eingerichteten Sanitärraum aus einem einteiligen GfK-Formteil einschließlich Warmwasseranlage, Dusche und Toilette sowie den großen Wassertanks setzte das rollende Eigenheim damals neue Maßstäbe und begründete eine neue Klasse von komfortablen Campern.

Den Ausbau übernahm schon damals die Firma Westfalia in Rheda-Wiedenbrück, die ja auch den nicht minder kultigen VW Joker und später die ebenfalls nach Entdeckern benannten Sven Hedin (auf VW LT) und Marco Polo (Mercedes T1, aber ohne Bad) montierte. Der James Cook rollt bis heute bei Westfalia vom Band, allerdings gehört das Unternehmen mittlerweile zur französischen Rapido-Gruppe.

Insgesamt 3.262 Fahrzeuge werden von der ersten Generation des Mercedes-Campers gebaut, bis im Frühjahr 1995 der Nachfolger auf Grundlage des nun Sprinter getauften Transporters eine neue Ära einläutete. Und natürlich haben die Stuttgarter ein Exemplar aus diesen ersten Tagen in ihrem ,,Schatzkästchen" stehen. So nennt die Nutzfahrzeug-Sparte des Daimler-Konzerns eine Halle in Waiblingen, in der die Van-Abteilung ihre Oldie-Sammlung für gelegentliche Auftritte im Museum oder für Oldtimer-Fahrten bunkert.

Auch wir durften das betagte Reisemobil für eine Ausfahrt in die Umgebung nutzen, mussten allerdings das Stadtgebiet von Stuttgart meiden. Denn einerseits ist der 95er-Kult-Camper ja per Definition noch gar kein Oldtimer und für ein H-Kennzeichen noch fünf Jahre zu jung, andererseits ist er aber für die in der Schwaben-Metropole notwendige Umweltplakette schon zu alt. So zog es uns auf die Schwäbische Alb, vorbei an malerisch gefärbten Weinbergen und Laubwäldern.

Der James Cook springt zwar sofort an, als käme er gerade frisch aus der Produktionshalle und schon nach den ersten Kilometern lässt sich nachvollziehen, dass der Sprinter schon damals dem Pkw näherstand als dem Laster. Er lärmt nicht, und mit einer gut zu handhabenden, manuellen Fünfgang-Schaltung zeigt sich der drei Meter hohe Hochdach-Riese für den Alltagsverkehr auf den Landstraßen bestens gewappnet - solange es nicht bergauf geht. An Steigungen hat der 90 kW/122 PS starke 2,9-Liter-Fünfzylinder-Diesel mit dem 3,5-Tonner doch arg zu kämpfen. Beim Rangieren präsentiert sich der Sprinter dank serienmäßiger Servolenkung wieder von seiner besten Seite, auch wenn der Fahrer von damals noch nicht auf die Segnungen einer Rückfahrkamera zählen konnte.

In Sachen Wohnkomfort war der Westfalia-Klassiker seiner Zeit weit voraus. Der Grundriss mit kompaktem Bad quer im Heck bot Urlaubern in einem Campingbus der gehobenen Preisklasse einen bis dahin nicht gekannten Sanitärkomfort. Waschbecken und Toilette in einem Rosa-Farbton trafen allerdings eher weniger jedermanns Geschmack. Ebenfalls eine Neuheit im ausgebauten Kastenwagen stellte damals die Winkelküche mit einem Zwei-Flammenkocher, einem Spülbecken, einem 50-Liter-Kompressor-Kühlschrank und einer großzügigen Arbeitsfläche dar, wie man sie heute in kaum einem Reisemobil mehr findet.

Der hintere Bereich mit Bad, Küche, Sideboard und einem großen, über die Hecktür auch von außen zugänglichen Kleiderschrank war durch eine Stufe von der Sitzgruppe abgetrennt, die sich, wie noch heute üblich, aus einer breiten Zweierbank sowie drehbaren Vordersitzen zusammensetzt. Insgesamt sorgt diese Anordnung für ein sehr großzügiges Raumgefühl.

Zum Schlafen lädt ein zwei Meter langes und ordentliche 1,55 Meter breites Doppelbett im zweischaligen GfK-Hochdach ein, das mit Auskragungen vorn über der Windschutzscheibe und an den seitlichen Teilen bis auf den letzten Zentimeter ausgereizt wurde. Zudem lässt sich aus der Sitzbank samt Tisch eine weitere Doppelkoje bauen. Ein Zwischenboden nimmt sowohl Gepäckstücke als auch den erstmals frostgeschützten Abwassertank (70 Liter) auf. Der Frischwassertank fasst sogar stolze 100 Liter. Für die Gasversorgung sind zwei 5-Kilogramm-Flaschen an Bord.

Ein Camper für jedermann war der James Cook allerdings nie. Allein schon, weil er im hochpreisigen Segment unterwegs war. Das erste Exemplar auf Sprinter-Basis war damals ab rund 85.000 Mark zu haben. Mit entsprechenden Extras ausgestattet knackten die bewohnbaren Transporter aber meist die 100.000-DM-Schallmauer. Dennoch kommt das Mercedes-Westfalia-Erfolgsduo in elf Baujahren auf eine stolze Stückzahl von 2.777 Einheiten.

In die Zeit der zweiten Sprinter- und dritten James-Cook-Generation ab 2006 fallen turbulente Westfalia-Jahre vom Daimler-Chrysler-Einstieg in die Westfalia Van Conversion GmbH bis hin zur Übernahme der Rapido-Gruppe in 2011. Und mit dem jüngsten James-Cook-Spross, der 2019 auf Basis der dritten Sprinter-Generation entstand und mittlerweile aus dem Westfalia-Werk in Gotha kommt, hat der Kastenwagen-Spezialist das Thema Campingbus wiederum völlig neu interpretiert. Einmal, weil Mercedes mit dem Multimediasystem MBUX (Mercedes-Benz User Experience) sowie dem Schnittstellenmodul MBAC (Mercedes-Benz Advanced Control) den Reisemobil-Klassiker in ein vernetztes Smart-Home verwandelt, und zweitens, weil Westfalia erstmals in einem Camper ein Heck-Slide-out einsetzt.

Das sieht in ausgefahrenem Zustand nicht unbedingt schick aus, ermöglicht aber ganz pragmatisch auf einem Sechs-Meter-Grundriss zwei Meter lange Längs-Einzelbetten im Heck. Zudem wird der James-Cook jetzt in drei Dachvarianten angeboten, wahlweise mit Original-Hochdach, GfK-Hochdach oder Aufstelldach. Auch das dürfte dem Klassiker fit für die nächsten Jahre machen - bis zum nächsten Jubiläum.

STARTSEITE