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Sonst noch was? - Höher, schneller, weiter

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  • 6. Juni 2021, 09:51 Uhr
  • Günter Weigel/SP-X
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Sonst noch was? Foto: SP-X

Jede Menge Tempo, noch mehr PS und ein großer Haufen von Ideen für Fantastilliarden. Der Fortschritt lässt sich nicht aufhalten. Nicht mal auf dem Rad.

Das olympische Motto ,,Höher, schneller, weiter" hat auch in Zeiten von Klimawandel und CO2-Bepreisung nicht ausgedient. Dazu muss man sich nur die wöchentlichen Meldungen über immer neue Supercars anschauen, die mit Leistungen gerne zwischen 1.000 und 2.000 PS den möglichen Fortschritt für die automobile Menschheit aufzeigen. Und für den Teil davon, also der Menschheit, der sich die meist siebenstelligen Preise der Pretiosen nicht leisten kann, bleibt zumindest entwicklungstechnisch etwas übrig, das man auch in größeren Serien als den mal 10, mal 25, mal sogar 100 Autos dieser Klasse nutzen kann. Theoretisch. Falls die Autos denn überhaupt je gebaut werden, denn manches kommt über die Zeichnung am Computer nicht heraus, weil unterwegs das Geld doch etwas knapp wird.

Das Problem des knappen Geldes kennt man auch in der Flugzeugindustrie. Insbesondere in Corona-Zeiten. Das ficht aber weder Airlines noch Entwickler an, weiter an höher und schneller zu denken - wie sollten wir auch sonst Fortschritt generieren. Dabei sind uns zuletzt zwei Meldungen aufgefallen. Zunächst stellte die amerikanische Firma Aerion nach schlanken 18 Jahren Entwicklung die Arbeit an einem Überschallpassagierjet ein, obwohl immerhin über 90 Bestellungen für insgesamt mehr als 90 Milliarden Dollar vorlagen. Man bekam wohl das Geld für die Fertigstellung nicht zusammen. Dann meldete die gleichfalls amerikanische Firma Boom Technology dass sie jetzt schon 150 Millionen Dollar von Risiko-Kapitalgebern eingesammelt habe und zudem die Fluggesellschaft United schon 15 Überschallflieger bestellt habe, die ab 2029 in den Linienverkehr einsteigen sollen.

Überschallflieger im Linienverkehr, die älteren werden sich erinnern, das war die Domäne der britisch-französischen Concorde, die ab 1969 bis 2003 zwischen London, Paris und der amerikanischen Ostküste im Einsatz war. Ganze 14 Exemplare wurden gebaut und schon 1973 hatten die meisten Länder ihren Luftraum für zivile Überschallflüge gesperrt, weil sie einfach viel zu laut waren. Durstig war die Concorde auch, so dass nach ihrem Ende niemand wirklich auf die Idee kam, ein neues Flugzeug dieser Art zu bauen, um 3 Stunden Reisezeit über dem Atlantik zu sparen. Also fast niemand. Die Concorde verbrauchte übrigens pro Passagier umgerechnet rund 16 Liter Kerosin auf 100 Kilometern, ein Jumbo ca. 6 Liter. Aktuelle Jets kommen auf Werte um und unter 3 Liter.

Was uns nun wirklich wundert ist die Tatsache, dass es zum einen noch immer Menschen gibt, die behaupten sowohl das Lärm- wie auch das Verbrauchsproblem in den Griff zu bekommen und dabei die Flüge höchsten so teuer zu machen, wie einen normalen Businessflug. Und zweitens, dass es Menschen gibt, die glauben, das ginge - und zwar gegen alle Regeln von Physik, Wirtschaft und Umwelt und dafür nicht wenig Geld zur Verfügung stellen.

Aber ganz bestimmt gibt es irgendeinen Trick, den wir nicht kennen, der am Ende dafür sorgt, die Kosten zu minimieren, auf dass die Vorhersagen eintreffen. Die andere Möglichkeit ist natürlich einfach Insolvenz anzumelden, wenn das eingesammelte Geld alle ist.

Geld muss man zwar auch für ein Fahrrad bezahlen, die Beträge sind im Vergleich zu einem Jet aber eher budgetfreundlich, weshalb es uns nicht wundert, dass der gemeine Europäer wegen Corona und Klimawandel aufs Bike setzt. Eine Auswertung der Radfahrrouten-App Bikemap ergab, dass seit März 2020 gut 20 Prozent länger und weiter geradelt wurde als in den Vergleichszeiten der Vorjahre. Ausgewertet wurden die Daten von immerhin 15.000 Nutzern in ganz Europa. Deutsche App-Nutzer steigerten sich von 14 auf 20 Kilometer Strecke täglich und brauchten dafür im Schnitt 83 Minuten. Das war aber nur guter Durchschnitt. Wobei man den Daten nicht ganz trauen kann. Dass die Schweden im Schnitt 101,7 Kilometer am Tag zurücklegten und die Weißrussen täglich mehr als drei Stunden im Sattel saßen, können wir nicht so recht glauben. Vielleicht war die Zahl der App-Nutzer da eher überschaubar und die wenigen Nutzer strampelten Olympia entgegen. Sonst noch was? Nächste Woche wieder.

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