Motorrad

Fahrbericht: Vespa Primavera 125 S/Vespa Sprint 125 S - Ewiger Frühling

  • In MOTORRAD
  • 24. April 2018, 15:55 Uhr
  • Ulf Böhringer/SP-X

Vor 50 Jahren setzte Vespa mit dem Modell Primavera erstmals auf den Frühling. Auch die neue Version des Jahres 2018 ist, zusammen mit dem Schwestermodell Sprint, ein höchst angenehmer Motorroller. Insbesondere in einer Version.

Fast hat man das Gefühl, der berühmte Schiefe Turm von Pisa verneige sich noch ein wenig mehr, als wir uns mit der neuen Vespa Primavera nähern. Schließlich ist der Roller ebenfalls so etwas wie ein Kulturgut: 1968 verließ die erste Version die Werkshallen des Herstellers Piaggio im nahen Pontedera und setzte zu einem anscheinend immerwährenden Siegeszug an. Pünktlich zum 50. Geburtstag dieses Modells bringt Piaggio einen gründlich überarbeiteten, aber bereits auf den ersten Blick als Vespa Primavera zu erkennenden Nachfolger auf den Markt, und zwar in gleich drei Versionen und zusätzlich zwei Sondermodellen. Von der Überarbeitung profitiert auch das Schwestermodell Sprint, sie gibt es in zwei Ausführungen.
 
Nein, es ist nicht leicht, angesichts dieser vielen Varianten den Überblick zu behalten: Mehrfach streichen wir um die Fahrzeuge herum und notieren die Unterschiede zwischen Primavera und Sprint. Sie unterscheiden sich folgendermaßen: Die Sprint hat - natürlich - einen Rechteck-Scheinwerfer, dazu die hübscheren, ebenfalls aber verchromten Spiegel, einen anders gestalteten Sitz und anders geformte Chrom-Haltebügel für die Mitfahrerin sowie schwarze Vielspeichen-Leichtmetallräder, seit jeher im 12-Zoll-Format. Neu am Jahrgang 2018 ist, dass auch die Primavera jetzt auf etwas größeren, sehr hübsch gestalteten Rädern rollt; die 12-Zöller fühlen sich so an, als seien Fahrstabilität und Fahrkomfort ohne Einbuße an Wendigkeit höher als mit den bisherigen Elfzöllern. Neu ist auch, dass alle Versionen jetzt nicht nur LEDs beim Rücklicht aufweisen, sondern auch LED-Scheinwerfer tragen. Eine dezente Änderung nehmen besonders aufmerksame Betrachter auch im Bereich der ,,Krawatte" wahr; Primavera und Sprint tragen sie mittig an der Vorderseite des Beinschilds. Die Hupen-Schlitze sind bei den S-Versionen farbig abgesetzt.
 
In den letzten Jahren hat die Vespa Primavera als 125er-Version auch den deutschen Markt der Leichtkraftroller dominiert; zusätzlich gibt es sie als 50 Kubik-Version wie auch mit einem 150-Kubikzentimeter-Triebwerk, das in Deutschland freilich nur auf Extrawunsch geliefert wird. Der luftgekühlte 125-er Motor mit Dreiventil-Zylinderkopf der iGet-Generation leistet nach der Euro-4-Kur 8 kW/10,7 PS; mit ihm ist man im Stadtverkehr absolut ausreichend motorisiert und deshalb an der Ampel stets gut für die erste Startreihe. Was natürlich auch an der nach wie vor hervorragenden Wendigkeit der Primavera liegt. Gemessen an früheren Modellen ist das Fahrverhalten der jüngsten Generation ein spürbarer Fortschritt, im Vergleich zu den Fahrwerkskonstruktionen anderer Hersteller findet die vordere einarmige Kurzschwingen-Konstruktion  freilich relativ früh ihre Grenzen, wenn das Geläuf ruppig wird. Dass das ABS nur das Vorderrad beaufsichtigt, ist Gewöhnungssache; offensichtlich ist dem Hersteller ein Wechsel auf eine hintere Scheibenbremse zu aufwendig.
 
Kennzeichen der S-Versionen von Primavera und Sprint sind neben den Matt-Farben (die Grundversionen sind glänzend lackiert) die erstmals verfügbaren TFT-Displays im Cockpit. Auch wenn der eine oder andere bei einer Vespa ein zeigerloses Anzeigeinstrument als Stilbruch empfinden mag: Das mit einer Diagonallänge von 4,3 Zoll aufwartende Vollfarb-Display bietet nicht nur vollständige Information, sondern mittels der Vespa Multimedia Platform auch die Möglichkeit der Konnektivität mit dem Smartphone des Fahrers. 500 Euro Mehrpreis verlangt Piaggio für die S-Version. Lediglich 200 Euro Mehrpreis sind dagegen für die Touringversion der Primavera fällig; diese wird mit je einem verchromten Gepäckträger an Front und Heck ausgeliefert. Weiterhin ist ein ,,50 Jahre"-Sondermodell geplant, das im Juni dieses Jahres verfügbar sein soll und mit entsprechenden Plaketten dekoriert ist.
 
Es ist letztlich eine Geschmacksfrage, ob einer Primavera (runder Scheinwerfer, runde Spiegel) oder der etwas schnittiger wirkenden Sprint der Vorzug zu geben ist. Funktional (Platzangebot, Stauraum, Sitzposition, Leistungsvermögen) treten sie als eineiige Zwillinge auf. Sicher ist: Die ,,Small-Body"-Versionen der Vespa - es gibt ja bekanntlich auch noch die etwas voluminöser auftretende GTS-Baureihe - haben dank ihres Charmes auch in Zukunft ihre Berechtigung. Mal sehen, inwieweit der Ruhm der Primavera auf die im Laufe dieses Jahres serienreife Primavera Elettrica abfärbt - die echte Zäsur im Vespa-Modellprogramm steht noch bevor.

Technische Daten Vespa Primavera 125 S/Vespa Sprint 125 S
Motor: Luftgekühlter Einzylinder-Viertaktmotor, 3 Ventile, OHC, 124,5 ccm Hubraum, 7,9 kW/10,7 PS, 10,4 Nm bei 6.000 U/min, Variomatic.
Fahrwerk: selbsttragende Stahlkarosserie; vorne Einarm-Kurzschwinge, 7,8 cm Federweg; hinten Triebsatzschwinge mit integriertem Antrieb, zwei Federbeine, Vorspannung einstellbar, 7 cm Federweg; Leichtmetall-Gussräder;  Reifen 110/70-12 (vorne) und 120/70-12 (hinten). 20 cm Einscheibenbremse vorne, 14 cm Trommelbremse hinten
Assistenzsysteme: ABS am Vorderrad
Maße und Gewichte: Radstand 1,34 m, Sitzhöhe 79 cm, Gewicht fahrfertig 126 kg, Zuladung 179 kg; Tankinhalt 8 Liter
Fahrleistungen: Vmax: 91 km/h;  Normverbrauch lt. EU4 2,3 l/100 km
Preis: ab 4.700 Euro (Primavera) / ab 4.800 Euro (Sprint); S-Modelle lieferbar ab Juni 2018

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