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Sonst noch was? - Mangelwirtschaft

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  • 24. Oktober 2021, 09:09 Uhr
  • Günter Weigel/SP-X
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Sonst noch was? Foto: SPX

Hier fehlt was, da droht ein Ausfall. Es mangelt an allen Ecken und Enden und auch an welchen, an die man noch gar nicht gedacht hat. Bisher.

Sprit teuer, Gas teuer, alles teuer. So hatten wir vor einer Woche diese Kolumne begonnen und an dieser Feststellung hat sich in den vergangenen sieben Tagen nichts geändert. Außer, dass die Preise noch etwas gestiegen sind. Und weil es für die ganze Welt gilt, nützt es auch noch immer wenig, sich darüber aufzuregen. Zur allgemeinen Beunruhigung rechnet die Weltbank in ihrem gerade veröffentlichten Energiebericht mit weitersteigenden Preisen und insgesamt mit Energiekosten, die in diesem Jahr um 80 Prozent über dem gewohnten Niveau liegen werden. Und das soll auch noch bis Mitte 2022 so bleiben.

Ein großer Teil der Preissteigerung dürfte der gestiegenen Nachfrage einer wiederanlaufenden Weltwirtschaft geschuldet sein, aber nicht alles. Gas zum Beispiel könnte Russland nach Europa liefern, mag aber nicht oder jedenfalls nur durch die neue North-Stream-2-Pipeline. Das mag wiederum die EU nicht, weil Netz- und Rohstoffeigner nicht dieselbe juristische Person sein dürfen und es diesbezüglich noch kleinere Differenzen gibt. In der Folge stellt sich heraus, dass es auch in der Welt des 21. Jahrhunderts echte Mangelerscheinungen gibt - also außer bei Computerchips. An denen mangelte es bekanntlich schon vorher.

Ammoniak beispielsweise wird zu einem nicht unwesentlichen Teil aus Erdgas hergestellt und man benötigt es für Düngemittel und für Harnstoff. Aktuell ist der Rohstoff Erdgas so teuer, dass sich die Produktion nicht mehr lohnt, weshalb etliche Werke den Betrieb eingestellt haben. Aktuell droht deshalb noch kein Ungemach, aber mittelfristig fehlt Harnstoff für die Herstellung von AdBlue und ohne diesen Zusatz mögen moderne Diesel nicht mehr fahren. Langfristig ist das zwar kein Problem, weil es in Europa inzwischen ja an Dieselnachfrage in Pkw etwas mangelt, aber die, die da sind, wollen ja trotzdem bewegt werden.

Produktionstechnisch droht demnächst dann auch ein Mangel an Aluminium. Das braucht man nicht nur für Felgen, sondern an vielen Stellen im Auto, bei Batterien und sogar bei Fahrrädern. Übrigens auch bei Nummernschildern, die tatsächlich dem ein- oder anderen US-Staat gerade ausgehen.

Es mangelt in der ganzen Welt zudem gerade an Altpapier. Unter anderem, weil Kartonagen für den boomenden Onlinehandel für die Papierfabriken wohl profitabler sind als schnödes Papier. In der Folge fangen gerade erste Verlage an, die Umfänge ihrer Tageszeitungen einzudampfen und es ist noch nicht klar, ob es 2022 jedes Magazin wie geplant geben kann. Das wird dann zu noch weniger Altpapier führen. Und so weiter.

Ein zuverlässiger Lieferant von Altpapier hat in der vergangenen Woche seinen Chefredakteur vor die Tür gesetzt. Es mangelte ihm ein wenig an Einsicht, was das Verhalten zu Kolleginnen angeht, liest man. Ein Mangel an Seriosität war es jedenfalls nicht, der ihn zu Fall brachte. ,,Er ist halt wirklich der letzte und einzige Journalist in Deutschland, der noch mutig gegen den neuen DDR Obrigkeits Staat aufbegehrt", wurde sein oberster Chef in einem geleakten Chatprotokoll zitiert. An dieser Stelle konstatieren wir einen kleinen Mangel an historischen Fakten gepaart mit einem, sagen wir mal, bemerkenswerten Politikverständnis.

Für alle, die sonst noch zu kurz gekommen sind, hat Ford dieser Tage eine bemerkenswerte Innovation zum Patent angemeldet: den ausfahrbaren Auspuff. Nein, es handelt sich dabei nicht um eine Attrappe für künftige E-Autos, um bei Bedarf einen auf dicken V8 zumachen. Tatsächlich steckt dahinter ein Mangel, auf den der normale Autofahrer eher nicht kommt. Der ausfahrbare Auspuff ist nämlich genaugenommen ein einfahrbarer. Rein geht der Auspuff nur im harten Geländeeinsatz, dann nämlich, wenn besondere Höhen zu erklimmen sind und ein normaler Auspuff unschön am Boden kratzen würde, also am hinteren Ende. Ist der Höhepunkt erreicht, kommt der eingefahrene Auspuff wieder raus. Das Ganze passiert übrigens mit elektrischer Hilfe und ist ein schönes Zeichen, wozu menschlicher Intellekt alles in der Lage ist, wenn er nichts Besseres zu tun hat. Pro-Tipp unsererseits: Wenn man den ganzen Auspuff unter dem Auto ein bisschen anders legt und kürzer macht, kann man sich das ganz Patent sparen. Andererseits hätte uns dann ein ganzer Absatz dieser Kolumne gefehlt. Sonst noch was? Nächste Woche wieder.

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