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Mit dem Skoda Kushaq am Fuß des Himalaya - Auf dem Weg zum Gipfel

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  • 25. November 2022, 12:27 Uhr
  • Benjamin Bessinger/SP-X
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Mit dem Kushaq hat Skoda ein kleines SUV speziell für Kunden in Indien aufgelegt Foto: Skoda

Abenteuerliche Straßen, spektakuläre Panoramen: Kaum irgendwo ist das Autofahren so atemberaubend wie am Fuß des Himalaya. Erst recht nicht für die Skoda-Manager. Denn denen stockt in Indien noch aus einem ganz andren Grund der Atem.

Es sind nur 32 Kilometer, doch Google Maps veranschlagt dafür 1:16 Stunden - wer von Dehradun nach Mussoorie will, der braucht ein bisschen Geduld. Denn es geht hier, acht Autostunden nördlich von Delhi, nicht nur über tausend Meter hinauf ins Vorgebirge des Himalaya. Es sind vor allem die vielen hundert Serpentinen zwischen der Provinzhauptstadt und der Bergsteiger-Metropole, die einen hier ausbremsen und die Kurzstrecke zum Tagesausflug machen.

Und als wären die Straßen, oder das, was der Inder gemeinhin als solche bezeichnet, mit ihrem Flickenteppich aus Asphalt und Schotter nicht schon schlimm genug, ist der Skoda Kushaq hier ja nicht alleine. Das handliche Vier-Meter-SUV aus dem Werk in Pune, noch einmal drei Fahrtage weiter unten im Süden, das seit zwei Jahren den indischen Markt erobert, teilt sich die paar flecken Teer auf der Piste mit allem, was sonst noch so Räder oder Beine hat - und das dürfen hier gerne auch mal mehr als zwei sein.

In einer endlosen Karawane kämpft sich der subkontinentale Vetter unseres Kamiq deshalb zwischen gut gefüllten Bussen und hoffnungslos überladenen Lastern, bis aufs Dach bepackten Überlandtaxen und klapprigen Kleinwagen den Berg hinauf und man freut sich am 150 PS-Motor, mit dem die Tschechen in diesem Segment das Angebot anführen. Denn so lassen sich wenigsten die wenigen Lücken nutzen, die sich die mutigsten unter den Mitfahrern hier zum Überholen nehmen - wenn nicht von hinten gerade wieder eine Großfamilie auf dem Kleinmotorrad heranschießt oder der Laster im Gegenverkehr mal eben den Teil der schmalen Straße beansprucht, den man gerade noch für die eigene Spur gehalten hat. Dazu noch Hunde und Fußgänger und selbst hier oben sogar Radfahrer, Affen und natürlich die heiligen Kühe, die in stoischerer Ruhe mitten auf der Fahrbahn an der Straße lecken, als schmecke der Asphalt besser als das Gras daneben und den Verkehr damit immer wieder zum Erliegen bringen. Schließlich haben die selbst dann eine eingebaute Vorfahrt, wenn sie sich keinen Meter bewegen. Kein Wunder also, dass die Fahrt hier rauf auf die Aussichtsplattform des indischen Subkontinents sogar noch länger dauert, als Google es erwartet hat - und man am Ende froh ist, wenn der Skoda endlich in der Hotel-Garage verschwindet und der Kellner mit einem Sundowner auf dem Vordach der Welt die Nerven beruhigt. Morgen ist schließlich auch noch ein Tag, und statt lächerlichen 32 stehen dann abenteuerliche 72 Kilometer nach Rishikesh auf dem Fahrplan, für die Google mehr als drei Stunden veranschlagt.

Denn erst geht es wieder runter ins Tal und dann weiter hinein ins Gebirge, an riesigen Muränen vorbei und in lichte Wälder, durch die angeblich sogar Elefanten und Tiger streifen, bis hinauf zum Oberlauf des Ganges. Weiter im Süden eine schmierige, träge Brühe ist der heilige Fluss hier noch ein klarer, schneller Strom und sein Ufer eine Pilgerstätte für Riten und Rituale. Kein Wunder, dass sie hier angeblich das Yoga erfunden haben und dass am Wegesrand zahlreiche Ashrams liegen, von denen einer sogar den Beatles als Rückzugsort für ihre spirituelle Auszeit gedient hat.

Und spätestens auf dieser Tour merkt man, weshalb Autos in Indien nur dann erfolgreich sein werden, wenn sie tatsächlich für Indien entwickelt wurden. Denn dort, wo der Berg die Straße verschluckt hat, braucht man die höhere Bodenfreiheit genauso wie in der Stadt, wo die knöchelhohen Temposchwellen den Importmodellen gerne die Achsen herausreißen. Im Chaos auf den Straßen zahlt sich die dramatisch verlängerte Lebensdauer der Hupe aus, die hier kein Warninstrument ist, sondern ein Mittel der Kommunikation und öfter benutzt wird als der Blinker. Und wer den Tag heil überstanden hat, der weiß auch, weshalb die Skodas eine kleine Schale oben ins Armaturenbrett geschnitten haben: Weil die Hindus gerne eine Ganesha-Statue anbringen, die ihnen als Talisman dient - und ohne Glück kommt hier keiner heil zurück.

Der Gipfelsturm im Kushaq hat für den Skoda allerdings nicht nur eine touristische, sondern auch eine symbolische Bedeutung. Denn nirgendwo geht es für die Tschechen so steil bergauf wie in Indien: Seit sie vor knapp fünf Jahren für den VW-Konzern die Verantwortung auf dem Subkontinent übernommen und mit dem Kushaq sowie der kleinen Limousine Slawia aus demselben Baukasten eine eigene Flotte für den lokalen Markt auf die Räder gestellt haben, konnten sie ihre Zulassungszahlen bereits zum zweiten Mal in Folge verdoppeln. ,,Schon jetzt stehen für dieses Jahr 44 500 Einheiten in den Büchern und Indien ist für uns nach Tschechien und Deutschland der drittgrößte Markt", freut sich Landeschef Petr Solc.

Und auch die Konzernmutter ist dankbar. Nicht nur, weil der Erfolg der Tochter reichlich Geld in die Wolfsburger Kassen spülen dürfte. Sondern auch, weil Skoda für die VW-Kollegen vom Kushaq den Taigun und vom Slawia den Virtus abgeleitet hat. Und beide Autos verkaufen sich bei den VW-Händlern nicht minder prächtig als bei den 220 Skoda-Betrieben im Land.

Und der Erfolg ist nicht einmal auf Indien beschränkt: Aus der Fabrik in Pune heraus beliefert Skoda mittlerweile mehr als 40 Länder und will mit den Indien-Modellen jetzt sogar Neuland erobern und sich im neuen Jahr den vietnamesischen Markt erschließen, sagt Piyush Arora, der für den Konzern die Geschicke auf dem Subkontinent verantwortet.

Damit hat er unter den Länderchefs eine besonders prominente Rolle. Denn Indien gilt der PS-Branche als der neue ,,Place to be": Mit einer Fahrzeugdichte, die je nach Statistik bis zu 30 mal kleiner ist als in Deutschland und 1.000 Indern nur zwischen 15 und 25 Fahrzeugen zuschreibt, bei 1,3 Milliarden Einwohnern, einer wachsenden Mittelschicht von aktuell schon über 250 Millionen Menschen und einem rapide steigenden Brutto-Sozialprodukt klettert der Subkontinent in der automobilem Weltrangliste gerade mit Riesenschritten die Leiter hinauf und wird spätestens in der zweiten Hälfte der Dekade an Nummer Drei stehen, sagen die Experten voraus: Bereits in diesem Jahr dürften dort 3,6 Millionen Neuwagen zugelassen werden, im nächsten sollten es mehr als vier Millionen sein und vieles spricht dafür, dass schon bald nach 2025 die fünf Millionen Marke geknackt wird. ,,Indien hat das Zeug zum zweiten China", sagt Arora beim Blick auf die aktuellen Wirtschaftsindikatoren und die mittelfristigen Prognosen. Erst recht, seitdem sich China mehr denn je ins Abseits manövriert und die Autobosse erkennen, wie gefährlich ihre Abhängigkeit von dem Roten Riesen sein kann.

Zwar sprechen diesmal tatsächlich alle Wirtschaftsindikatoren für diesen Trend. Doch ist die Ankündigung des unmittelbar bevorstehenden Booms auf dem Subkontinent so alt wie die Hindustan Ambassador auf den Straßen, der hier als Erbe der Kolonialzeit mittlerweile zwar aus dem öffentlichen Dienst genommen wurde, sich dafür aber tapfer als nostalgisches Touristentaxi schlägt.

Aber selbst wenn sich der Aufstieg der automobilen Weltmacht in Spe genauso lange zieht wie die 32 Kilometer von Dehradun nach Mussoorie - irgendwann ist er geschafft. Und die Aussicht von ganz oben ist es jedem Fall Wert - egal, ob es dabei nun ums Panorama geht oder um die Profite.

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