Trentatre, dieser Typencode steht für legendäre Alfa-Racer in der Sportwagen-WM. Weniger bekannt ist, dass sich die 33 auch als Glückszahl für das meistverkaufte Alfa-Romeo-Modell aller Zeiten erwies. Mit dem 1983 vorgestellten Alfa 33 ging es für die Italiener aufwärts, raus aus dem Rufschaden, den der Alfasud bewirkt hatte
Italienisch, sportlich und vorzugsweise rot: Der auch technisch anspruchsvolle Alfasud traf die Tifosi in den 1970ern ins Herz - und beschädigte dennoch das Image von Alfa Romeo durch Qualitätsprobleme so nachhaltig, dass die Marke alles neu machen musste. Nichts sollte mehr an den Schnellroster Alfasud erinnern, und so startete sein Nachfolger im Sommer 1983 mit dem ruhmreichen Typencode 33. Trentatre, diese italienische Zahl stand bei Alfisti bis dahin für dramatische Rennsiege in Daytona, bei der Targa-Florio und in der Sportwagen-WM, errungen mit furiosen Acht- und Zwölfzylinder-Sportprototypen. Tipo 33 bedeutete also Adrenalin und positive Emotionen, und genau damit sollte vor 40 Jahren das neue Kompaktklassemodell Trentatre die Enttäuschungen über den von einer unmotivierten Belegschaft malade zusammengebauten Alfasud vergessen lassen. Und tatsächlich: Der in kantigen Charakterlinien gezeichnete, nun teils von Robotern gebaute Alfa 33 (interner Code Tipo 905) bot zuverlässige, sportliche Agilität, die in zwölf Jahren fast eine Million Liebhaber fand. Mit diesem meistverkauften Alfa-Romeo-Modell aller Zeiten kam die Marke mit dem Logo des Mailänder Drachens Tarantasio zurück auf Erfolgskurs. Dies so nachhaltig, dass Alfa mit dem dynamischen Lifestyle-Laster Alfa 33 Giardinetta (später Sport Wagon genannt) gleich noch die Klasse der sportiven Edel-Kombis inspirierte, in der kurze Zeit später auch BMW 3er Touring und Audi 80 Avant für Furore sorgten.
Wenn es bei Alfa Romeo heute heißt: Tanti auguri - herzlichen Glückwunsch - zum 40. Geburtstag, Trentatre, dann mit dem guten Gedanken, dass der 4,02 Meter kurze Fünftürer die italienische Traditionsmarke damals wieder begehrenswert machte. Ein Erfolg, den Alfa Romeo heute mit neuen Modellen wiederholen will: mit mehr Prestige, Profitabilität und einem ,,Rot, bei dem jeder spontan sagt: Das will ich haben", wie es Alfa-Chef Jean Philippe Imparato unlängst formulierte. Aber keine italienische Oper ohne Drama. So dauerte es beim Alfa 33 sieben Jahre bis eine facegeliftete Version des Trentatre in knallrotem ,,alfa-rot" auch Fachmedien in Verzückung setzte. Erst jetzt begeisterte sich die deutsche Journaille uneingeschränkt für die sportlichen Qualitäten des temperamentvollen Südeuropäers, dessen von Ermanno Cressoni im hauseigenen Centro Stile gezeichnete Konturen mit keckem Stummelheck eher an eine klassische Limousine nach Art der Giulietta denken ließen als an einen Fünftürer im Format des VW Golf.
,,Die Linie einer anderen Klasse", tönte denn auch Alfa Romeos Einführungskampagne für den Trentatre, der sich optisch klar vom Vorgänger Alfasud differenzieren sollte. Ein zunächst angedachter dreitüriger Alfa 33 im Stil des heißblütigen Alfasud ti wurde gleich wieder verworfen, bis auf die weitergebauten, drehfreudigen und kräftig klingenden Boxer-Vierzylinder sollte gänzlich nichts an den durch seine lieblose Verarbeitung berüchtigten Alfasud erinnern. Tatsächlich wurde der neue ,,Mittelklassewagen mit Prestige" (Werbeslogan) vom Publikum sofort begeistert aufgenommen, und die Alfa-Verkaufszahlen befreiten sich aus einem Tief. Enttäuschter reagierte anfangs die Fachwelt auf den Alfa 33, vielleicht lag es daran, dass der Trentatre wie sein Vorgänger im Werk Pomigliano d'Arco bei Neapel gebaut wurde, jedenfalls fehlte es dem Neuen zunächst wider Erwarten an Feinschliff in der Verarbeitung. So fuhr der brandneue Alfa 33 in einem Vergleichstest mit VW Golf II, Opel Kadett D, Ford Escort und Renault 11 als Schlusslicht hinterher. Stattdessen konnte der für 16.640 Mark angebotene, und unaufgeregte 58 kW/75 PS leistende Alfa 33 1.3 als Preisbrecher unter den Kompakten punkten, denn ein vergleichbarer Golf kostete gut 2.000 Mark mehr.
Populärer als der Trentatre mit Knauser-Motor war jedoch der größere 1,5-Liter-Boxer, dieser versprach auch in der Top-Version Quadrifoglio Verde und im allradgetriebenen, beim Edel-Karossier Pininfarina gebauten 33 4x4 Fahrfreude und ähnlich viel Temperament wie ein BMW 3er (E30) mit Vierzylinder. Kein Wunder, dass vor Clubs und anderen Yuppie-Hot-Spots der vergnügungshungrigen 1980er auch Alfa 33 auftauchten. Vor allem als Alfa 1988 einen neuen 1,7-Liter-Boxer nachreichte, mit Katalysator gegen die dicke Luft in den Städten und mit kräftigen 97 kW/132 PS für Tempo- und Sprintduelle mit Golf GTI, Opel Astra GSI oder BMW 318 iS. Ganz anders der beim italienischen Triebwerksspezialisten VM Motori eingekaufte Turbo-Diesel mit 1,8 Litern Hubraum, aber nur drei Zylindern. Dieser rau laufende, dafür spritsparende Geselle zeigte seine Rußfahne ausschließlich in Italien. Noch rarer ist der Alfa 33 Hybrid von 1988, mit dem die Alfa-Ingenieure, inzwischen unter der Führung des neuen Marken-Eigentümers Fiat, einmal mehr ihre Genialität bewiesen: Jahre vor bekannten Hybrid-Pionieren wie Toyota Prius oder Audi Duo legten die Italiener eine Versuchsserie der Erfolgsnummer 33 mit der Kraft der zwei Herzen auf. Immerhin fünf Kilometer weit stromern konnte der um einen Elektromotor und große Batterie ergänzte 1.7 16V, ehe sich der Verbrenner zuschaltete.
Exklusivster Alfa 33 blieb allerdings der Z33 Free Time bzw. Tempo Libre, den die Carrozzeria Zagato als Einzelstück auf dem Genfer Salon 1984 zeigte. Zu früh offenbar, denn noch verstanden die Europäer die Idee des familienfreundlichen Vans nicht, ein Schicksal, das den wenig später folgenden Renault Espace zunächst ebenfalls ereilte. Ganz anders dagegen die grandiose Idee des Sportkombis. Waren es zunächst kostspielige und wenig geräumige Shootingbrakes wie Volvo 1800 ES oder Lancia Beta HPE, die vor Golfplätzen oder den Villen gut situierter Familien parkten, machte Alfa Romeo mit dem 33 Giardinetta bzw. Sport Wagon ein bezahlbares und verführerisch schönes Angebot, dem über 122.000 Käufer nicht widerstehen konnten.
Wie die Trauben des für Italien so typischen Montepulciano-Weins reifte der Alfa 33 sehr spät unter der Sonne des Südens, um dann endlich auch seine schärfsten Kritiker zu überzeugen. Nach dem großen Invest in den hochmodernen Spitzentyp Alfa 164 spendierte Fiat seiner neuerworbenen Premiumtochter zum Modelljahr 1990 den preiswerten Alfa 33 in einer Optik, die dem 164 ähnelte - plus den Alfa 33 Permanent 4 mit Allradantrieb, Nardi-Lenkrad und anderen Finessen. Erst jetzt war das Fiasko Alfasud endgültig Geschichte.
Welche Relevanz der Alfa 33 heute für die Oldtimer-Community hat, erklärt Expertin Aleksandra Lippert von der Bewertungsorganisation Classic Analytics: ,,Mit modernem Design, Frontantrieb und laufruhigem Boxermotor hatte der Alfa 33 sämtliche Anlagen zum Verkaufsschlager, in Deutschland allerdings war er nie mehr als eine Alternative für Individualisten. Wirkliche Akzeptanz bei den sportlichen Alfa-Fans fanden ohnehin erst die zum Ende der Produktionszeit angebotenen Allradler namens Permanent 4. In der Version Quadrifoglio kosten sie heute mindestens 14.000 Euro - sofern man außerhalb Italiens noch einen findet."
Chronik:
1967: Seit Beginn der 1950er Jahre und dem damals lancierten Alfa 1900 verfolgt der Mailänder Hersteller die Idee eines Modells mit Frontantrieb. Umgesetzt wird sie beim neuen Einstiegsmodell, dem Alfasud, das ab 1967 entwickelt wird
1971: Auf dem Turiner Salon feiert der Alfasud mit Boxer-Benziner Weltpremiere. Der Viertürer misst 3,89 Meter in der Länge und 1,59 Meter in der Breite. ,,Der Alfasud musste offensichtlich Vorderradantrieb haben. Und er musste ein luxuriöser Kleinwagen sein, ein Fünfsitzer mit einem sehr großen Kofferraum", beschrieb Entwicklungschef Rudolf Hruska das Projekt Alfasud
1980: Facelift für die gesamte Alfasud-Baureihe, deren Ruf durch Qualitätsdefizite gelitten hat. Vorstellung der Alfasud-Limousinen mit Heckklappe. Die Motivation und Arbeitsfähigkeit der Mitarbeiter im Alfasud-Werk bereitet dem Konzern Sorgen. Eine angebliche tägliche Abwesenheitsquote von 20 Prozent der Mitarbeiter ist Europarekord, bei einem Fußballspiel der Nationalmannschaft sollen sogar 40 Prozent der Arbeiter gefehlt haben, 20 Prozent der Belegschaft sollen von der Krankenkasse eine körperliche Behinderung bescheinigt bekommen haben, knapp fünf Prozent seien sogar Invaliden
1983: Im Juni erfolgt der Markstart des Alfa 33 (Baureihe 905) als fünftüriges Kompaktklassemodell und als Nachfolger des Alfasud. Ein Erbe des Alfasud sind die auch im Alfa 33 eingesetzten Boxermotoren, anfangs als 1,3-Liter-Vierzylinder-Benziner (in Italien auch 1,2-Liter-Motor) sowie später auch mit 1,5-Liter- und 1,7-Liter-Boxer-Triebwerken. Fahrwerkstechnisch basiert der Alfa 33 ebenfalls weitgehend auf dem Alfasud, statt der hinteren Scheibenbremsen des Alfasud kommen nun Trommelbremsen zum Einsatz. Das Design des Alfa 33 entstand unter Ermanno Cressoni, Leiter des Alfa Romeo Centro Stile. Charakteristisch für den Alfa 33 sind die hohe Heckpartie und die zweifach geknickte Gürtellinie, für Ermanno Cressoni besonders wichtige Designmerkmale. Der Produktionsprozess für den Alfa 33 sollte weitgehend automatisiert erfolgen, auf diese Weise sollte auch die Produktqualität erhöht werden, die das Image des Alfasud beschädigt hatten. Mit dem Alfa 33 beginnt bei Alfa Romeo die Erneuerung der gesamten Modellpalette
1984: Zum Modelljahr 1984 Einstellung der Alfasud-Limousinen. Zwischen 1971 und 1984 wurden 900.925 Alfasud als Berlina und Giardinetta produziert. Neu im Alfa-33- Programm ist ab Januar der Kombi Alfa 33 Giardinetta, der bis 1986 bei Pininfarina produziert wird. Vom Alfa 33 laufen bereits 83.494 Einheiten vom Band, vom Vorgänger Alfasud noch 1.531 Wagen. Der zweite, preiswertere Alfasud-Nachfolger Alfa Romeo Arna aus der Kooperation mit Nissan wird in 22.650 Einheiten gefertigt. Ab November ergänzt der Alfa 33 4x4 die Palette, die Produktion erfolgt bis 1985 bei Pininfarina. Schon beim Genfer Salon im März zeigt Zagato die Studie Z33 Free Time bzw. Tempo Libre mit sechs Sitzen und im Layout eines Minivans. Allerdings kommt es nicht zur Serienfertigung
1985: Die letzten 20 Alfasud laufen vom Band, der Arna scheitert am Markt, nur 10.564 Wagen werden gefertigt und auch der Alfa-33-Absatz geht vorübergehend zurück auf 60.515 Einheiten
1986: Zur Absatzbelebung lanciert Alfa Romeo einen facegelifteten Alfa 33 mit neuer, 118 PS starken 1,7-Liter-Boxermaschine. Für den Heimatmarkt präsentiert Alfa Romeo auch eine Version mit 1,8-Liter-Turbodiesel mit drei Zylindern, der von VM Motori geliefert wird. Markant ist, dass die Ausstattungslinien am Design des grünen bzw. goldenen Kleeblatts als Teil der Typenbezeichnung am Fahrzeugheck signalisiert wird. Die Ford Motor Company ist an einer Übernahme von Alfa Romeo interessiert, den Zuschlag erhält aber Fiat unter Giovanni Agnelli, damit kommt das vormalige Staatsunternehmen Alfa Romeo wieder in Privatbesitz
1988: Die Kombiversion Giardinetta wird in Sport Wagon umbenannt. In Kleinserie entsteht der Alfa 33 Hybrid, bei dem der 1.7 16V um einen 16 PS starken Asynchron-Elektromotor und eine große Batterie ergänzt wird, die bis zu fünf Kilometer vollelektrischen Vortrieb ermöglicht mit einer elektrischen Vmax von 60 km/h
1989: Im Herbst großes Facelift für Modelljahr 1990, der Vertrieb in Deutschland startet im Frühjahr 1990. Der Alfa ,,Nuova" 33 läuft nun unter der Baureihennummer 907A. Designmodifikationen im Stil der größeren Modelle Alfa 75 und Alfa 164, so wird die Heckleuchtensignatur vom Alfa 164 übernommen, das Frontdesign (Scheinwerfer und Kühlergrill) im Stil des Alfa 75 adaptiert. Permanent 4 ersetzt die 4x4-Version. Jetzt auch mit 1,7-Liter-16-Ventil-Motor inklusive geregeltem Katalysator, Servolenkung und ABS
1993: Noch zum Ende der Laufzeit des Alfa 33 entsteht bei einem Mailänder Karossier eine Cabriolet-Version des Alfa 33 1.7 16V Permanent 4, die in der Folge auch beim Turiner Autosalon gezeigt wird, aber nicht mehr in Serie geht
1994: Produktionsauslauf des Alfa 33. Nachfolger werden die Typen Alfa Romeo 145 und 146
1998: Die Bestseller-Modelle 145, 146 und 156 lassen die Alfa-Verkaufszahlen von 101.000 Einheiten im Jahr 1996 auf 208.000 Einheiten ansteigen
2000: Der Alfa 147 tritt die Nachfolge der Typen 145/146 an und wird bis zum Jahr 2010 in 651.823 Einheiten gebaut
2010: Die neue Giulietta-Generation ersetzt den Alfa 147 und wird bis 2020 in 469.067 Einheiten verkauft
2021: Der Stellantis-Konzern geht aus der Fusion der Automobilkonzerne FCA Fiat Chrysler Automobile mit der Groupe PSA hervor und Alfa Romeo ist eine der Premiummarken von Stellantis
2023: Der Alfa 33 wird 40 und von seinen Fans entsprechend gefeiert. Der neue Tonale und die aufgefrischten Typen Stelvio und Giulia sollen in diesem Jahr der Anfang eines Wegs sein, bei dem Alfa Romeo mit emotionalen Designs und leistungsstarken Motoren zurück zu alter Größe findet. Zitate aus der Vergangenheit gehören dazu
Produktionszahlen:
Alfa 33 gesamt: 989.324,
davon 866.958 Alfa 33 Limousinen,
122.366 Alfa 33 Giardinetta/Sport Wagon
zum Vergleich: 912.723 Alfasud (ohne Sprint).
Wichtige Motorisierungen:
Serie 1 (1983-1986)
mit 1,2-Liter-Vierzylinder-Boxer-Benziner (50 kW/68 PS)
mit 1,3-Liter-Vierzylinder-Benziner (58 kW/79 PS bzw. 63 kW/86 PS)
mit 1,5-Liter-Vierzylinder-Boxer-Benziner (62 kW/84 PS bzw. 70 kW/95 PS bzw. 77 kW/105 PS).
Serie 2 (1986-1989/90)
mit 1,3-Liter-Vierzylinder-Boxer-Benziner (58 kW/79 PS bzw. 63 kW/86 PS)
mit 1,5-Liter-Vierzylinder-Boxer-Benziner (77 kW/105 PS)
mit 1,7-Liter-Vierzylinder-Boxer-Benziner (77 kW/105 PS bzw. 81 kW/110 PS bzw. 87 kW/118 PS)
mit 1,8-Liter-Dreizylinder-Reihen-Diesel mit Turboaufladung (53 kW/72 PS).
Serie 3 (1989/90-1994)
mit 1,2-Liter-Vierzylinder-Boxer-Benziner (57 kW/77 PS)
mit 1,3-Liter-Vierzylinder-Boxer-Benziner (63 kW/86 PS bzw. 64 kW/87 PS bzw. 66 kW/90 PS)
mit 1,5-Liter-Vierzylinder-Boxer-Benziner (70 kW/95 PS bzw. 77 kW/105 PS)
mit 1,7-Liter-Vierzylinder-Boxer-Benziner (79 kW/107 PS bzw. 81 kW/110 PS bzw. 87 kW/118 PS bzw. 95 kW/129 PS bzw. 97 kW/132 PS bzw. 98 kW/107 PS bzw. 101 kW/137 PS)
mit 1,8-Liter-Dreizylinder-Reihen-Diesel mit Turboaufladung (62 kW/84 PS).