Die einen haben es eilig, vor allem in der Freizeit. Andere haben gerade Langeweile im Job, oder jedenfalls nichts zu tun. Und dann man fragt sich schon mal, wofür man eigentlich einen Führerschein braucht.
Neulich hatten wir uns an dieser Stelle besorgt über die Situation der Fahrschulen und die immer höheren Durchfallquoten bei Prüfungen geäußert. Ein paar Fahrten bei Hitze lassen uns nun vermuten, dass die Zahlen tatsächlich noch viel schlechter sein müssten, denn offensichtlich sitzen viel zu viele Menschen hinter einem Steuer, die da eigentlich nicht hinsollten. Und auch ein paar, die da nicht mehr hinsollten.
Beispiele? Ein älteres Ehepaar hält auf einer Hauptstraße an, um nach links abbiegend in eine vermeintlich freie Parkbucht zu fahren. Dahinter fangen die ersten Autos an sich zu stauen. Der gute Mann erkennt, dass die freie Parkbucht nur der schraffierte Eingangsbereich der avisierten Arztpraxis ist und sich zum Parken weniger eignet, weshalb seine Gemahlin schon mal aussteigt, um eben per Pedes die Straße zu überqueren. Just, als sie damit beginnt, also rund 30 Sekunden nach dem Anhalten, reißt dem BMW-Fahrer dahinter der Geduldsfaden und er prescht am parkenden Auto vorbei, fast in den wartenden Gegenverkehr (uns) hinein und knapp an der alten Dame vorbei, die sich erschreckt, erstmal wieder umkehrt und das ganze Prozedere verlängert.
Derweil ist ein 18-jähriger freudig erregt mit seinem neuen Führerschein unterwegs, mäht vor Glück eine Hecke nieder und nimmt ein paar Kilometer später, wahrscheinlich noch vom Heckenschreck erschüttert, einem anderen Auto die Vorfahrt, was zu Blechschäden, fahrunfähigen Autos und der baldigen Abgabe des neuen Führerscheins führt.
Am nächsten Tag wollen wir rückwärts am Schwimmbad in eine Parktasche einparken. Das Auto hinter uns interessiert das wenig, es fährt halt im Bogen um uns rum und trifft unser Auto nur deshalb nicht, weil wir stoppen, was wiederum auch nötig ist, weil vor uns ein Auto ausparkt und ebenfalls in den Schwenkbereich unseres Autos reinfährt. Ministau, zwei Autos müssen zurücksetzen und alles dauert. In den beiden anderen Autos saßen übrigens sehr junge Menschen am Steuer.
Und dann war da noch das Kind, das mit seinem Fahrrad auf der Straße fährt und dem folgenden Pkw zu langsam ist. Der Fahrer hupt, das Kind will auf Gehweg ausweichen und stürzt dabei, während das Auto einfach weiterfährt. Diesmal mit einem älteren Fahrer, den die Polizei jetzt gerade sucht. Wie war das doch mit dem Paragraf 1 der Straßenverkehrsordnung? Stand da nicht irgendwas von Rücksicht?
Langsame Radfahrer sind auch Volker Wissing ein Dorn im Auge. Wobei er weniger an Kinder denkt, sondern an Lastenräder, die allerdings gerne auch mal Kinder transportieren. Aber das ist ein anderes Thema. Jedenfalls findet der Minister, dass man von Rechts wegen die Lasten der Räder begrenzen müsste und fängt schon mal mit den Anhängern an.
Deren Gesamtmasse solle in Zukunft maximal 50 Kilo betragen, wenn der Anhänger keine eigenen Bremsen hat. Da so ein Anhänger rund 15 Kilo wiegt, wird es schon eng, wenn man Getränkekisten per Rad bewegen will, was im urbanen Umfeld ja durchaus öfter mal vorkommen soll. Auflaufbremsen wiederum würden die Hänger deutlich teurer machen, finden Vertreter von Radfahrverbänden. Sie sehen mit der Neuregelung die Rolle des Autos als einzig relevantem Transportmittel gestärkt. Da mag Absicht dahinterstecken.
Wir wiederum wundern uns, was so ein Minister alles regeln kann, wenn er Zeit hat. Zum Glück liegt ja im Verkehrsministerium sonst gerade nichts an, was ministerlicher Aufsicht bedürfte. Der Mann hat wahrscheinlich einfach Langeweile, während der Dieselskandal vor dem europäischen Gerichtshof verendet und mit ihm vielleicht auch der Diesel an sich. Die Bahn fährt sowieso auch alleine in die Grütze, Autobahnbrücken halten oder eben nicht und die CO2-Vorgaben im Verkehrssektor sind auch nichts, was einem von Lastenrädern abhalten könnte. Deutschland im Sommer 2024. Sonst noch was? Nächste Woche wieder.
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