Motorrad

Fahrbericht: Zontes 125D - Kleiner Ausstattungskrösus

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Der neue 125D zeichnet sich durch eine exorbitante Ausstattung und viel Fahrfreude zum günstigen Kurs von 3.525 Euro aus Foto: RKM

Der chinesische Hersteller Zontes baut sein Roller-Angebot nach unten aus. Der neue 125er hat jede Menge zu bieten und wir finden wenig zu meckern.

Nach dem erfolgreichen Einstieg von Zontes in die Automatikwelt mit 350er-Rollern nimmt der chinesische Zweiradhersteller nach dem gleichen Rezept den umkämpften 125er-Markt in Angriff: Der neue 125D zeichnet sich durch eine exorbitante Ausstattung und viel Fahrfreude zum günstigen Kurs von 3.525 Euro aus. Für 125er-Verhältnisse herrschen auf dem breiten Polster geradezu generöse Verhältnisse, die Beine ruhen mit entspannten Kniewinkeln auf dem Trittbrett, der Lenker liegt griffgünstig für einen aufrechten Oberkörper in der Hand. Einzig der hohe Mitteltunnel erschwert das Aufsteigen und begrenzt seitlich den Platz auf dem Trittbrett.

Beim Blick nach vorn sondert sich der chinesische Roller erst recht vom 125er-Einerlei ab durch das vom Lenker aus bedienbare, farbenprächtige TFT-Instrument: Dieses bietet gleich vier Layouts mit einer Fülle von Informationen, die sogar eine Reifendruckkontrolle umfasst. Hinterleuchtete Armaturen erleichtern die Bedienung bei Dunkelheit und eine Taste lässt den getönten Windschild in zwei Stufen elektrisch rauf und runter fahren. Da fallen die beiden elektrisch geöffneten Staufächer mit einem USB-Doppelanschluss und weiteneinstellbare Bremshebel schon kaum mehr auf. Optisch wiederholt der 125er die Linie des großen Bruders 350D mit ähnlichen Verkleidungsumfängen und gleicher Lampenmaske inklusive LED-Projektionsscheinwerfern und dem randlichen LED-Tagfahrlicht.

Während für den 350er der große Motorradführerschein benötigt wird, genügt dem 125D bekanntermaßen der B196 oder der A1-Lappen – das Aggregat schöpft aus langhubig ausgelegten 125 Kubik Hubraum mit 14,6 PS nur unwesentlich weniger als die maximal erlaubten 15 PS. Zum Anlassen gilt es zunächst, den roten Bereitschafts- und Entriegelungsknopf am rechten Lenkerende zu betätigen, damit wird das Lenkschloss geöffnet und die Zündung aktiviert. Gleichzeitig birgt dieses Verfahren jedoch eine kleine Gefahr: Wird der Roller unaktiviert rangiert, arretiert sich das Lenkschloss selbsttätig und der Zontes lässt sich nicht mehr manövrieren.

Nach dem Start macht sich der Vierventiler bei Leerlaufdrehzahl durch einzylindertypisches Pochen bemerkbar. Dieses darf als Zeichen der quirligen Leistungsbereitschaft gelten, denn das Achtelliteraggregat kommt schnell aus den Puschen und dreht spritzig nach oben. Ampelduelle braucht der Zontes jedenfalls nicht aus dem Weg zu gehen, auch Überholvorgänge über Land spult er souverän ab. Erst bei Tacho 107 bereitet der Drehzahlbegrenzer dem freudigen Treiben ein Ende, mithin sortiert sich der 125er auf der Autobahn lieber auf der rechten Spur ein.

Naturgemäß läuft ein 125er häufig an der Vollgasgrenze, was dem Chinesenantrieb drei Liter Sprit auf hundert Kilometer abverlangt – das erscheint nicht zu viel angesichts der Qualitäten. Bei zwölf Litern im Tank sind theoretisch sogar 400 Kilometer mit einer Füllung drin. Dabei ist der akustisch leise Antrieb sensitiv ständig präsent, doch nur zwischen Tacho 70 und 90 summieren sich die Vibrationen zu einem sehr wahrnehmbaren Maß.

Die fallen beim Fahren kaum auf, denn der mit 160 Kilo alles andere als leichtgewichtige 125er turnt mit großer Gelassenheit und dennoch beschwingt um die Ecken. 14-Zoll-Räder vorn und hinten machen ihn ausreichend wendig bei unerschütterlicher Stabilität. Davon profitiert der Pilot auch beim Bremsen, denn die Verzögerer gehen kräftig ans Werk. Beidseits einstellbare Hebel sorgen für beste Dosierbarkeit, ein spät regelndes ABS macht zusammen mit der satten Straßenlage kurze Bremswege möglich.

Doch nicht die rein fahrdynamischen Vorzüge kann überzeugen, auch beim für Rollerfahrer wichtigen Aspekt des Komforts bringt er sich in Stellung. Über wenig gnädigen Untergründen filtern die Federelemente weit mehr als nur das Gröbste heraus und bewahren die Besatzung vor Rückenschmerzen, insgesamt betont die Abstimmung aber den Sportsgeist. Beim Thema Wind- und Wetterschutz hat der Zontes die Nase vorn, denn zum einen schützt der Vorbau per se gut, zum anderen wirkt die Verstellung der kleinen Sportscheibe auf Knopfdruck: In der unteren Stellung gibt’s reichlich Frischluft, oben wird der Oberkörper weitgehend geschützt, Fahrtwind gelangt nur mitunter lärmverursachend an den Helm.
Verbesserungswürdig zeigt sich die Mitnahmekapazität trotz der allesamt elektrisch bedienbaren Staufächer im Bug und des Sitzbankfachs. Erstere fallen sehr schmal aus, unter die nur hakelig schließende Sitzbank passt nicht viel mehr als ein Helm. Famos ist dagegen das bunte, informationsreiche TFT, über Tasten am Lenker bedienbar. Obendrauf satteln die Chinesen ein Verarbeitungsniveau, das es mit jedem Wettbewerber aufnehmen kann. Nimmt man jetzt noch die umfangreiche Ausstattung und die erstaunlichen Fahreigenschaften hinzu, wirkt der Inklusiv-Preis von 3.525 Euro geradezu verlockend.



Zontes 125D - Technische Daten:

Motor:  flüssigkeitsgekühlter Einzylinder, 125 ccm Hubraum, 10,7 kW (14,6 PS) bei 8.200 U/min, 12,8 Nm bei 6.500/min; vier Ventile/Zylinder, ohc, Einspritzung, CVT-Automatik, Fliehkraft-Trockenkupplung, Riemen-Sekundärantrieb

Fahrwerk: Stahlrohrrahmen; Teleskopgabel, Zweiarm-Triebsatzschwinge hinten, zwei Federbeine (Federbasis einstellbar); Leichtmetallgussräder; Reifen 100/80-14 (vorne) und 120/70-14 (hinten). 26,5 cm Einscheibenbremse vorne, 26,5 cm Einscheibenbremse hinten

Assistenzsysteme: ABS

Maße und Gewichte: Radstand 1,39 m, Sitzhöhe 77 cm, Gewicht fahrfertig 160 kg, Zuladung 180 kg; Tankinhalt 12,0 l

Fahrleistungen und Verbrauch (Testangaben): Höchstgeschwindigkeit 99 km/h, Verbrauch 3,0 l/100 km, theoretische Reichweite 400 km

Preis: 3.525 Euro inkl. Nebenkosten

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