Keine Technologie hat Hyundai und die Konzernmarken Kia und Genesis so weit nach vorne gebracht wie die E-Mobilität: Mit dem aktuellen Modellprogramm haben die Koreaner nicht nur mit den etablierten europäischen Herstellern gleichgezogen, sondern sie teilweise sogar überholt. Doch der Konzern setzt weiterhin auf alle Technologien – auch auf Wasserstoff. Dies hat CEO Jaehoon Chang heute im Rahmen einer Pressekonferenz unterstrichen. Und eine Studie vorgestellt, welche seine Ambitionen unterstreicht.
Die Koreaner arbeiten schon seit 1998 an der Technologie. Im November 2000 war nach nur sechs Monaten Entwicklungszeit ein Brennstoffzellen-Prototyp auf Basis des Santa Fe vorgestellt worden, 2013 kam eine Kleinserie auf Basis des Hyundai ix35 in knapp 1000 Einheiten auf den Markt. Das Nachfolgemodell, der nach wie vor produzierte Nexo, ist seit 2018 in rund 40.000 Einheiten gebaut worden. Er wird demnächst abgelöst.
Das heute in Seoul von Hyundai-Chef Jaehoon Chang vorgestellte Concept Car namens Initium ist ein kaum verbrämter Hinweis auf dieses kommende Serienmodell, mit dem sich Hyundai nächstes Jahr an die Spitze des nach wie vor überschaubaren, aber kräftig wachsenden Marktes für Wasserstoff-Autos setzen will. Unter der Karosserie wird ein weiterentwickeltes Antriebs-System stecken, mit höherer Leistungsdichte der Stacks, bei niedrigeren Kosten und reduzierter Komplexität.
Das Serienmodell wird dann von einem Elektromotor mit 150 kW (204 PS) angetrieben; die Reichweite beträgt mehr als 650 Kilometer, der Spurt von 0 auf 100 km/h wird unter acht Sekunden dauern. Das Nachfüllen des Tanks ist eine Sache von wenigen Minuten. Und die Dauerhaltbarkeit dürfte besser als bei batterielektrischen Fahrzeugen sein, deren Lebenszyklus regelmäßig endet, wenn sich der Hochvolt-Akku verabschiedet. Mit seiner Wasserstoff-Brennstoffzelle kann das Auto als „kleines Kraftwerk“ dienen, so Chefingenieur Jinhwan Jung: Er verfügt über eine 220-Volt-Steckdose, die ohne weiteren Adapter genutzt werden kann.
Die Studie Initium ist auch stilistisch wegweisend, obwohl Wasserstoff-Autos laut Hyundai-Chefdesigner Sangyup Lee "im Packaging schwieriger als Elektroautos" sind. Das „nachhaltige, aber robuste SUV-Design“ will sich an den spezifischen Eigenschaften des Werkstoffs Stahl orientieren: „Wir haben neue Ansätze studiert, um das Material sichtbar zu machen.“ Die Frontpartie betont die Familienähnlichkeit mit der Wasserstoff-Sportwagen-Studie N Vision 74, und damit findet sich auch beim Initium die Design-DNA von Giorgetto Giugiaro, dessen Formensprache als Inspiration für die N Vision 74 diente. Mit vier Türen, verstellbarer Rückbank, für Kindersitze optimierte Hintertüren und Gepäckraum für vier der sprichwörtlichen „Golfbags“ setzt der Initium allerdings deutlich auf Praktikabilität.
Hyundai-Chef Chang ist mit Blick auf Wasserstoff-Fahrzeuge optimistisch. Die Serienversion des Initium soll konkurrenzfähig eingepreist werden, man wolle vielen Käufern eine echte Alternative zu anderen Antrieben geben: „Wir suchen mit diesem Modell keinen Profit.“ Der Erfolg hänge aber auch von der Unterstützung der Regierungen ab. Korea sei bereits auf dem Weg zur „Wasserstoff-Gesellschaft“. Einen Konflikt mit batterielektrischen Autos sieht er nicht: „Wir verfolgen mit beiden Achsen einen dualen Ansatz der Elektrifizierung.“ Dabei sieht er Wasserstoff in einigen Bereichen klar im Vorteil: „Wasserstoff-Fahrzeuge können weiter fahren und bei Nutzfahrzeugen ist die Ladekapazität viel höher.“
Zum Bekenntnis des Konzerns gehört auch die Wasserstoff-Infrastruktur, in die man stark investieren will. Hyundai strebt eine globale Führungsrolle an: „Wir sichern uns die notwendigen Komponenten über die gesamte Wertschöpfungskette.“ Von der Forschungs- und Entwicklungsarbeit, so war in Seoul zu hören, sollen übrigens auch die Schwestermarken Genesis und Kia profitieren. Und mehr noch: Man blickt bereits auf andere Industrien - über Autos und Lastwagen hinaus. (aum)