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Audi auf dem Weg zum CO2-neutral gebauten Auto

Audi hat eine Bring-Schuld. Nach den Verwicklungen in der Diesel-Abgasaffäre, die zur Anklage mehrerer ranghoher Manager führten, will die Marke mit den vier Ringen nun die Kundengunst zurückgewinnen. Gelingen soll das mit einer Umweltinitiative in den Werken. Nicht nur die Fahrzeuge sollen mit Hilfe von Elektrifizierung emissionsärmer werden, auch die Produktion soll zunehmend ohne CO2-Ausstoß auskommen. An zwei Standorten ist dies bereits weitgehend gelungen. Die Fahrzeugfertigung in Brüssel ist seit 2018, die im ungarischen Györ bis Ende des Jahres CO2-neutral. Györ ist nach Angaben von Audi das größte Motorenwerk der Welt, jedes Jahr verlassen hier mehr als zwei Millionen Verbrennungsmotoren die Fertigungsbänder.

Betrieben werden die Produktionsanlagen mit Grünstrom, elektrischer Energie, die aus Solar-, Wasser- oder Windkraft gewonnen wird. Auf den Dächern der Fabrik in Ungarn haben die Techniker Photovoltaikanlagen errichtet, sie umfassen eine Fläche von 160.000 Quadratmetern, das entspricht der Größe von 22 Fußballfeldern. 9,5 Gigawattstunden Energie liefern die insgesamt 36.400 Solarzellen, wenn die Sonne scheint. Wärme wird durch Geothermie erzeugt, den verbleibenden Bedarf von etwa 30 Prozent deckt Erdgas ab, dessen CO2-Neutralität Biogas-Zertifikate abdecken. Györ schafft Ende 2020 die Klimaneutralität, bis 2025 sollen alle Standorte von Audi dieses Ziel erreichen, so Rüdiger Recknagel, Umweltschutzbeauftragter des Konzerns. Je Fahrzeug emittiert die Produktion dank dieser Maßnahmen 1,2 Tonnen weniger CO2.

Neuwagen gehen auf die Schiene

Auch außerhalb der Werkstore will das Unternehmen umweltverträglich sein. Seit 2010 setzt Audi für den Transport der fertigen Automobile zu den Händlern und Kunden auf den Schienenverkehr. Sogenannte ,,Grüne Züge", bei denen die Bahn nachhaltig erzeugte Energie einsetzt, stellen den Lieferverkehr zwischen den Werken sicher, den Transport von Teilen aus Neckarsulm übernehmen zwei Lastwagen mit LNG-Gasantrieb (Liquefied Natural Gas), die bis zu 20 Prozent weniger CO2 und 85 Prozent weniger Stickoxid als herkömmlich motorisierte Nutzfahrzeuge ausstoßen. In Zukunft soll das flüssige Erdgas aus rein biologischer Basis gewonnen werden, damit stiege die CO2-Einsparung sogar auf 90 Prozent.

Die Maßnahmen sind allerdings auch erforderlich, denn die zunehmenden Produktionszahlen von Elektroautos führen sonst unweigerlich zu höheren CO2-Belastungen. Vor allem die Fertigung der Batterie sorgt für einen Anstieg der klimaschädigenden Emissionen, die es zu kompensieren gilt. Audi kontrolliert daher auch die Zulieferer ob ihrer Nachhaltigkeit und legt Standards für deren Umweltverträglichkeit fest. Werden diese nicht eingehalten gibt es zunächst eine Rüge, bei wiederholten Verstößen wird der Lieferant gewechselt, sagt Marco Philippi, Leiter der Beschaffung bei Audi.

Für mehr Nachhaltigkeit sollen außerdem geschlossene Materialkreisläufe sorgen. Dabei werden Verschnittteile, wie sie beim Pressen von Aluminium entstehen, gesammelt und zurück zum Lieferanten befördert. Der braucht wiederum nur noch fünf Prozent des bei der Aluminiumerzeugung üblichen Energieaufwandes, um daraus wieder pressbare Bleche herzustellen. 350.000 Tonnen an CO2 können so vermieden werden.

Abwasserfrei und keine Lackierverluste

Wertvoll ist auch Wasser, besonders, wenn die knapper werdende Ressource in Ländern mit großer Trockenheit benötigt wird. Das mexikanische Audi-Werk wurde deshalb zur ersten abwasserfreien Autofabrik, ein Biomembran-Reaktor bereitet das Wasser durch biologische Klärung auf. Nach der Filtrierung kann es wieder in der Produktion verwendet werden. Gespart wird bei Audi außerdem am Lack. Der wird nicht mehr pneumatisch auf die Karosserie gespritzt, sondern elektrostatisch aufgetragen. Das verhindert den sonst üblichen ,,Overspray", der eben nicht auf dem Blech landet, sondern auf der Lackierstraße vergeudet wird und auch noch aufwändig aus der Luft gefiltert werden muss. Auch das schont Ressourcen.

Das jüngste Umweltprojekt bei Audi betrifft das Recycling von Kunststoffen. Die werden in den meisten Fällen thermisch entsorgt, also verbrannt. In Zusammenarbeit mit dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) soll ein Verfahren entwickelt werden, in dem aus dem Plastik auf chemischem Weg ein Pyrolyse-Öl gewonnen werden kann, das dann wieder zur Herstellung neuer Kunststoffe verwendbar ist.

Mit nur geringer Bodenversiegelung kommt unterdessen das neue Audi-Center für autonomes Fahren in Ingolstadt aus. Auf dem 45 Hektar großen Gelände einer ehemaligen Raffinerie entsteht es und statt alles unter Betonflächen verschwinden zu lassen, haben die Bauherren die Böden durch Wäsche von Schadstoffen befreit. 15 Hektar werden renaturiert und bepflanzt. Kein schlechter Gedanke, wo doch allein Bayern jeden Tag Flächen versiegelt werden, die der Größe von 14 Fußballfeldern entsprechen.

Die Automobilindustrie wird sich allmählich ihrer Verantwortung bewusst. (ampnet/mk)

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