Selbstfahrendes-Automobil

Auf dem Weg zum selbstfahrenden Auto


Die Voraussetzungen für selbstfahrende Fahrzeuge und die damit verbundenen Auswirkungen haben Kfz- und Verkehrsexperten auf dem Seminar "Automatisiertes Fahren: Chance oder Risiko?" des Deutschen Verkehrssicherheitsrates (DVR) in Bonn erörtert. Themen der Veranstaltung: Stand der Technik, die Auswirkungen auf den Verkehr und auf die Gesellschaft sowie Rechtsfragen wie die Haftung bei technischen Fehlern, aber auch die Weiterentwicklung der HU zur Prüfung von automatisierten Fahrzeugen.

Im Nutzfahrzeug-Bereich verdeutlicht Markus Kirschbaum von der Daimler AG anhand des Projektes "Future Truck 2025" die Vision des "Unfallfreien Fahrens", was eine umfassende Vernetzung der Fahrzeuge notwendig macht. Und in der Folge erhöht sich auch die Transporteffizienz. Mit einem Versuchsfahrzeug wurde nachgewiesen, dass es auf der Autobahn die Fahrspur und Geschwindigkeit hält. Überholmanöver, Fahrspurwechsel und das Verlassen der Autobahn werden beim derzeitigen Stand der Technik noch vom Fahrer übernommen.

Dr. Arne Bartels von der Volkswagen AG stellte die Einführung des automatisierten Fahrens als fortschreitenden und schrittweise ablaufenden Prozess dar. Erste teilautomatische Systeme sind Stau- und Park-Assistenz, gefolgt von hochautomatischen Systemen der ersten Generation wie dem Stau-Chauffeur. Komplett fahrerlose Systeme wie ein Roboter-Taxi erscheinen erst in ferner Zukunft als realisierbar. Voraussetzungen für diese Entwicklung sind unter anderem die Integration von aktiven Sicherheitsfunktionen wie Notbrems- und Notausweich-Assistenten in die automatischen Fahrfunktionen.

Diplom-Psychologe Udo Schüppel von der FSD Fahrzeugsystemdaten GmbH in Dresden verdeutlicht, dass durch die neuen Systeme auch die Vorgaben und Prüftechnologien für die Hauptuntersuchung (HU) entsprechend angepasst werden müssen. Notwendige Anforderungen müssen in einer Zusammenarbeit von Sachverständigen und Fahrzeugherstellern bereits während der Fahrzeug-Homologation berücksichtigt werden.

Die Auswirkungen von selbstfahrenden Autos auf die Gesellschaft beleuchtete Dr. Weert Canzler vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung. Der Wissenschaftler geht davon aus, dass das Privatauto mit Verbrennungsmotor durch integrierte Mobilitätsdienstleistungen zum Auslaufmodell wird. Hier wird unter anderem zu klären sein, ob die Bevölkerung komplett auf das eigene Auto verzichten will, um sich nur auf die Nutzungsrechte zu verlassen.

Und auch aus Sicht der Verhaltenswissenschaften und der Verkehrspsychologie sind laut Tobias Ruttke von der Friedrich-Schiller-Universität Jena bei der Konzeption bzw. Einführung von Assistenzsystemen einige Punkte zu beachten. Die technische Unterstützung soll menschliche Überforderungen, Fehlhandlungen und daraus resultierende Unfälle reduzieren. Es stellt sich die Frage, wie sich die Technik auf die Kompetenz des Menschen und seine eigenständigen Fahrfähigkeiten auswirkt.

Mit die größten Probleme, die für eine Umsetzung des selbstfahrenden Autos zu lösen sind, stellen laut Lennart S. Lutz von der Julius-Maximilians-Universität Würzburg die rechtlichen Hürden dar. Anders als in den USA seien bisher in Deutschland keine speziellen Vorschriften für automatisierte Fahrzeuge geschaffen worden. Nachholbedarf gebe es etwa beim Zulassungsrecht, also den Voraussetzungen dafür, dass ein neues Serienfahrzeug auf deutschen Straßen überhaupt benutzt werden darf. Hier spielen auch internationale Verträge wie das Wiener Abkommen eine wichtige Rolle. Bisher gelte, dass der Fahrer "immer die Hauptverantwortung für das Führen des Fahrzeugs behalten muss". Automatisierte Fahrzeuge sind daher mit den bestehenden Regeln nicht vereinbar. Hier haben Deutschland, Frankreich, Italien, Österreich und Belgien eine Änderung des Übereinkommens angestoßen. Und auch, ob diese Fahrzeuge mit den Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung (StVO) kompatibel sind, ist unter Experten umstritten. Wie Verkehrsverstöße geahndet werden sollen, ist auch noch unklar.

Gleiches gilt für die Frage, wer bei auftretenden Schäden haftet. Diesem Thema widmete sich Sven Hötitzsch, Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Forschungsstelle RobotRecht an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg. Bei hochautomatisierten Fahrzeugen ist nicht geklärt, wann dem Fahrer noch ein Verschulden anzulasten ist. Je mehr Fahrsituationen das System eigenständig bewältigt, umso weniger ist der Fahrer am Fahrgeschehen beteiligt und kann verantwortlich gemacht werden. Die Konsequenz hieraus wäre, dass dem Fahrer kaum noch ein Verschulden zur Last gelegt werden könnte und der Halter immer haften müsste. Im Anschluss daran könnte dieser bzw. sein Haftpflichtversicherer versuchen, den Hersteller in Regress zu nehmen. Hier bedarf es weiterer Klärung, wer, wofür und in welchem Umfang haften wird.

Die im Titel der Veranstaltung gestellte Frage, ob das automatisierte Fahren als Chance oder Risiko zu sehen ist, ist also mit einem klaren "sowohl als auch" zu beantworten.

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