News

Panorama: Porschesammler Yussef Fittiani - Ein Traum aus 1001 PS

  • In NEWS
  • 18. Januar 2019, 12:18 Uhr
  • Benjamin Bessinger/SP-X

Männer mit einem großen Fuhrpark gibt es in Arabien zuhauf. Doch während die Spitzensportler sonst gerne unter Verschluss gehalten werden, gibt sich ein Jordanier ausgesprochen offen - und wird so zum Dreh- und Angelpunkt einer wachsenden Szene.

Es war so etwas wie eine Kinderkrankheit. Denn, als ihn der Porsche-Virus erwischte, war Yussef Fittiani noch keine zehn Jahre alt. Nur, dass der Bub aus Jordanien sich nicht beim Quartettspiel infizierte wie so viele anders Kids in seinem Alter. Sondern auf dem Schoß seines Vaters, der ihn als Importeur und Generalvertreter für Medizintechnik schon früh zu Reisen nach Deutschland und dort zu Spritztouren in einem Elfer mitnahm. Und anders als bei den allermeisten Kids hat sich diese Krankheit auch nicht ausgewachsen, sondern ist vielmehr chronisch geworden und 40 Jahre später hat Fittiani in seiner Wahlheimat Kuwait und seiner jordanischen Geburtsstadt Amman vielleicht nicht die größte, aber eine der bekanntesten Porsche-Sammlungen am Golf.

Dass er in Kuwait genau wie in Amman bekannt ist wie ein bunter Hund, liegt nicht nur an seinem freundlichen Wesen, seiner losen Zunge und seinem großen Netzwerk. Nicht umsonst hat er zum Beispiel den Porsche-Club von Kuwait gegründet. Sondern seine Bekanntheit liegt vor allem an seinem Lieblingsauto, mit dem er die allermeiste Zeit unterwegs ist. Denn wo der gemeine Porsche-Fahrer in Kuwait in der Regel Cayenne oder zur Not Macan fährt, quält er sich in einem quietschgelben Carrera GT durch den Dauerstau. Zwar kommt er auf der Straße selten über den zweiten Gang hinaus und muss sich deshalb regelmäßig auf einer Rennstrecke austoben. Doch trotzdem geht für ihn nichts über die Flunder aus Weissach: ,,Das ist für mich eines der bedeutendsten Autos der letzten 100 Jahre und ein Sinnbild für das Porsche-Denken, für die Obsession für Technik und Geschwindigkeit," gerät er bei der gemeinsamen Fahrt durchs nächtliche Kuwait ins Schwärmen.
Allerdings hat den Wagen über die Jahre ein bisschen, nun ja, optimiert. Über die Zierteile aus Sichtkarbon kann man dabei genauso streiten wie über den Schriftzug mit seinem Namen am Heck. Doch dass er ein Hubsystem eingebaut hat, mit dem der Carrera GT die Nase lupfen kann, dass muss man ihm bei den vielen Tempowellen nachsehen, die sie hier auf die Straße betoniert haben. Zumindest den 450 kW/ 612 PS starken V10-Sauger hat er unberührt gelassen. ,,Sich daran zu vergreifen wäre ein Sakrileg", gibt sich Fittiani eisern.
Bis es für den kanariengelben Carrera GT reichte, musste sich der Importmagnat allerdings ein wenig gedulden. Doch die Porsche-Leidenschaft hat ihn schon früh viel Geld gekostet. Nachdem er in der S-Klasse seines Vater auf den Straßen von Kuwait und Amman heimlich das Fahren lernte, während der alte Herr auf Dienstreise war, borgte er sich zum Studium in den USA gleich von der Verwandtschaft Geld und stieg nebenbei in de Autohandel ein. Schließlich hatte er die 42.000 Dollar zusammen, die er für seinen Porsche 944 brauchte. ,,Und als der Wagen dann endlich vor der Tür stand, habe ich mich nicht getraut ihn zu fahren"; erzählt Fittiani. ,,Wochenlang habe ich ihn nur aus dem Küchenfenster angeschaut und konnte nicht glauben, dass er tatsächlich mir gehört."

Danach allerdings ging es ein bisschen schneller mit den Sportwagen. Kaum zurück am Golf und beim Vater in die Firma eingestiegen, kaufte Fittiani einen Porsche nach dem anderen - meist die Sportmodelle aus der GT- oder RS-Serie. ,,Mindestens zwei Dutzend werden es bislang gewesen sein und alle ein, zwei Jahre kommt ein neues dazu", sagt Fittiani und erzählt von zahlreichen Werksabholungen. Mittlerweile kennt er sich in Stuttgart deshalb so gut aus, dass er sogar weiß, wo er seine Autos von Hand waschen kann - eine Routine, die dem Vielverdiener lieb und teuer geworden ist. Selbst daheim, wo eine Autowäsche nicht mehr kostet als eine Dose Limonade an der Tankstelle, greift er am liebsten selbst zu Eimer, Schwamm und Lappen. Sonst würden seine Autos nicht so funkeln. Erst recht nicht in einem Land, über das alle paar Tage ein Sandsturm hinweg fegt. Dabei geht seine Liebe zum Detail so weit, dass er während der letzten großen Inspektion seines Carrera GT nächtelang bei seinem Porsche-Händler die Motorteile mit der Zahnbürste polierte, bevor der Meister den 5,7 Liter großen Zehnzylinder wieder zusammenschrauben konnte.
Nur ein Problem drückt den Porsche-Sammler im Augenblick gewaltig: Er hat für seine Autos einfach keinen Platz. Ein paar Fahrzeuge, darunter eine liebevolle Replica des James Dean-Porsche, stehen in Amman und fehlen ihm jeden Tag, den er in Kuwait ist. Zumal er dort mit hunderten von Devotionalien aus Zuffenhausen und Weissach auch noch ein hübsches Spielzimmer für große Jungs eingerichtet hat. Und was er in Kuwait nicht daheim parken kann, steht wie das 911 Turbo Cabriolet aus der Baureihe 996, der weiße GT3 und der gelbe GT3 RS jeweils von 2007, der 997 GT2 und das 1989er schwarzes Elfer Cabrio am anderen Ende der Stadt in einer unscheinbaren Tiefgarage. Die hat er zwar klimatisiert und piekfein hergerichtet und den Zugang mit zwei massiven Rolltoren und einem halben Dutzend pfundschwerer Schlösser gesichert, weil er dem Wachmann oben auf der Straße nicht traut. Doch erstens geht ihm dort der Platz aus und zweitens ist die Zufahrt so verwinkelt, dass er den Carrera GT zum Beispiel nur rückwärts hinunter rangieren kann. Und das ist auf Dauer eine ziemlich riskante Angelegenheit.

Lange werden seine Autos ihr Dasein aber nicht mehr in den Garagen fristen müssen und Fittiani muss auch nicht mehr pendeln. Denn wenn alles nach Plan läuft, eröffnet er noch in diesem Jahr in Jordanien ein Café, hoch oben in den Hügeln über der Hauptstadt. Dann hat er nicht nur endlich einen würdigen Platz für seine Sammlung und die vielen Devotionalien aus Stuttgart und auf der kurvigen Zufahrt schon jeden Morgen Spaß auf dem Weg zur Arbeit. Sondern dann hat er auch reichlich Zeit für Benzin-Gespräche und kann seiner Rolle als Porsche-Netzwerker gerecht werden - schließlich soll das Café zum idealem Hang-Out werden für die Petrolheads der Hauptstadt.

STARTSEITE