ASAP Rocky

Kommentar: Authentizität kann man nicht kaufen

,,How design makes the difference" ist die Überschrift unter der ASAP Rocky und Gordon Wagener, der Daimler-Design-Vorstand, am Montag auf der weltgrößten Digitalkonferenz South by Southwest (SXSW) in Austin (Texas) zusammentrafen. Als international erfolgreicher Performer und Rap-Musiker wird Rakim Mayers, so ASAP Rockys bürgerlicher Name, vorgestellt. Im Mittelpunkt stehen seine Kreativagentur AWGE und seine Rolle als Designikone. Das Ergebnis ist ein oberflächlicher Talk mit einem Star, der so viel mehr zu erzählen hat.

Weichgespülter könnte ein Gespräch kaum sein. Für Daimler ist der Austausch mit Rapstar ASAP Rocky ein moderner Anknüpfungspunkt an die Jugendkultur. Sie wollen ein bisschen trendy sein. Vorgestellt wird er im Business-Sprech als "international erfolgreicher Performer". Was dabei völlig unter den Tisch fällt, ist was den Weltstar dahin gebracht hat, wo er heute ist. Aufgewachsen in ärmlichsten Verhältnissen, zog er mit seiner Mutter von Frauenhaus zu Frauenhaus, als sein Vater wegen Drogenhandels im Gefängnis gelandet war. Sein Bruder wurde erschossen, als er 13 Jahre alt war, er dealte bis in sein 22. Lebensjahr mit Crack. Aus der Not heraus konzentrierte er sich schließlich auf sein Talent und schaffte es zum Weltstar. Da hätte man unverdächtigere Diskutanten über die Wichtigkeit von Design, Luxus und Individualität finden können.

So entstand ein stadtfein gemachter Talk über Luxus, bei dem der Rapper selbst ausschließlich als Design-Experte sitzt - vielleicht um die Marke Mercedes-Benz nicht mit seiner Vergangenheit zu beschmutzen. ,,Aus Sicht des Designs werden sich Bedeutung und Verständnis von Luxus verändern. Die Zukunft ist ungeschrieben, wir können sie gestalten" lautet ein Zitat von Gordon Wagener. Eine Floskel voller Oberflächlichkeit und Verbal-Kitsch.

Mayers Kompetenz ist im Designbereich allerdings nicht von der Hand zu weisen. Zielsicher manövriert er sich seit einem Jahrzehnt durch die Charts und verbindet die großen Modemarken mit seiner Kreativ-Agentur AWGE. Die Vorstellung davon, wie charakteristische Abgrenzungen durch Designmerkmale funktionieren, fußt dabei auf eigener Lebenserfahrung. Abgrenzung ist generell in der Jugend, speziell aber im kriminellen Umfeld ein großes Thema.

So ist es ASAP Rocky schließlich auch im künstlerischen Bereich gelungen, eine eigene Markenidentität aufzubauen. Im Gespräch lässt Mayers teils bescheiden, teils stolz anklingen, dass ihm für einen Moment die Möglichkeit gegeben ist, ,,zu diktieren was cool ist". Das zeigt einerseits die hohe Position, die er sich erarbeitet hat, andererseits auch die eigene Wahrnehmung als Zeiterscheinung in der Musikindustrie.

Als Gesprächspartner zum Thema Design ist die Wahl also nachvollziehbar. Mayers personifiziert den modernen Anspruch auf Selbstverwirklichung in authentischer Weise und ist damit im Aufwind. Die Nähe zu kommenden Generationen von Mercedes-Benz-Käufern kann für Daimler ebenfalls vielversprechend sein. Am Ende scheint es aber doch der klingende Name zu sein, der wie eine Markenhülle vorgestellt wird. Was hinter den Kulissen passiert und weshalb Jugendliche Hip Hop hören und ihre Dollars für Produkte ausgeben, die ihren Star betreffen, spielt nur eine Nebenrolle. An der Authentizität von Mayers könnte sich Mercedes-Benz dennoch ein Beispiel nehmen. (ampnet/deg)

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