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Sonst noch was? - Jammern gehört zum Geschäft

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  • 21. Juli 2019, 09:32 Uhr
  • Peter Eck/SP-X

Unserer Branche geht´s ja soo schlecht, man wundert sich manchmal, dass überhaupt noch Autos die Produktionshallen verlassen. Tatsächlich steht in Branche natürlich vor großen Herausforderungen, Panik ist jedoch unangebracht.

Jeder Metzger, Bäcker oder Handwerker im Dorf weiß: Jammern über die eigene schlechte wirtschaftliche Lage gehört zum Geschäft. Bloß nicht dem Nachbarn das Gefühl vermitteln, man habe (zu) viel Geld. Die Neidhammel bringen es fertig und kaufen ihre Brötchen an der Tankstelle und das Fleisch bei Aldi. Den Nerz innen tragen, sagt man wohl in Hamburg und Umgebung dazu, obwohl uns das bei diversen Besuchen in der schönen (und reichen) Hansestadt so nie aufgefallen ist. Eher im Gegenteil. Trotzdem, bei uns im Dorf verzichtet der erfolgreiche Kleinselbstständige schon mal auf die Mitnahme der teuren G-Klasse und greift für die Fahrt zum Fußballplatz zum nackten Transporter, weil bei einem nachmittäglichen Familienfest ja viele Kunden anwesend sein könnten. Und die könnten ja wiederum denken ...

Mit der Erwähnung von Automobilen sind wir jetzt in unserer Branche angekommen. Und in dieser geht es grundsätzlich auch nicht anders zu als im Kleinbürgertum. Auf der einen Seite verbuchen die Unternehmen immer noch Milliarden-Gewinne, auf der anderen wird gestöhnt wie lange nicht mehr - und gerne auch mal mehr staatliche Unterstützung gefordert. Zugegeben, die Herausforderungen, vor denen die Branche steht, sind ja tatsächlich groß. Aber sie betreffen halt jeden und das sorgt ja zumindest für eine gewisse Chancengleichheit.  

Trotzdem erreichen uns immer wieder Meldungen von ,,Gewinneinbrüchen", ,,Zukunftsproblemen" und - anscheinend heute absolute Höchststrafe für ein Unternehmen - ,,Aktienkursrückgängen", auch wenn diese häufig nur temporär sind. Darauf reagiert man dann meist mit den immer gleichen Maßnahmen, die man weitestgehend unter ,,Kosteneinsparungen" subsummieren kann, denn ganz gleich ob es um die Verkleinerung der Modellpalette, mehr oder weniger sozialverträglichen Arbeitsplatzabbau, allgemeine Budgetkürzungen, Knebelung der Zulieferer, der Forderung nach staatlicher Hilfe oder sonst was geht, der eigene Geldbeute soll letztlich entlastet werden.

Wobei die Definition von ,,schlechter Wirtschaftslage" schon sehr im Auge des Betrachters liegt. Häufig nämlich beruhen die ,,Alarmsignale" darauf, dass man seine zwecks Aktienkurssteigerung (s. oben) ohnehin hochgesteckten Ziele nicht erreicht. Meist wächst und gedeiht das jeweilige Unternehmen also, nur nicht im gewünschten und die eigenen Vorstands-Bonuszahlungen rechtfertigendem Tempo. Diese Art von ,,Alarm" kennen wir schon aus der Politik: Dort wird gerne, wie auch gerade derzeit wieder, von ,,weniger Steuereinnahmen" gesprochen, obwohl diese weiterhin kräftig sprudeln und sogar wachsen, nur eben nicht in einem solchen Umfang, dass alle Mandat sichernden und den Wählern bereits versprochenen Wohltaten so einfach daraus bezahlt werden könnten.

Schaut man sich Unternehmenszahlen näher an, fällt nicht selten auf, dass der eingebrochene oder eben nicht wie erhofft gewachsene Gewinn des aktuellen Jahres, vielleicht - sagen wir mal - ziemlich genau dem des Ertrags vor vier Jahren entspricht, was damals übrigens noch Anlass für eine Jubel-Pressemeldung oder Standing Ovations auf der Hauptversammlung gewesen war. Was wir damit sagen wollen? Die Herausforderungen sind tatsächlich groß und sollten besser nicht unterschätzt werden. Aber wir müssen nicht jeder ,,Warnung" auf den Leim gehen, nur weil das Aktienrecht eine Ad-hoc-Meldung vorschreibt und diese dem Vorstand vielleicht sogar gerade in den Kram passt. Die Autoindustrie steht vor größten Herausforderungen, aber sie wird dieser sicher meistern und überleben. Wetten das? Sonst noch was? Nächste Woche wieder.

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