Motorrad

Fahrbericht: Yamaha MT-09 - Böse gepflegt

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Die Yamaha MT-09 kommt in vierter Generation ab 11.200 Euro auf die Straße Foto: Yamaha

2013 prägte Yamaha den Slogan ,,The Dark Side of Japan'. Gemünzt war er auf die damals neue MT-09, erstes Hypernaked-Bike der Mittelklasse. Mittlerweile kommt die Böse richtig angenehm daher.

Die Yamaha MT-09 kommt in vierter Generation ab 11.200 Euro auf die Straße. Komplett neu ist sie keineswegs, aber vieles an ihr ist neu: Nach dem misslungenen Design der dritten ist die vierte Generation trotz ihrer weiterhin gepflegten bösen Optik nicht nur deutlich gefälliger geworden, sondern auch erheblich zugänglicher.

Das zeigt sich an neuen, innovativen Lenkerschaltern, einem endlich gut bedienbaren und ebenso gut ablesbaren Informationsdisplay und vielen kleinen Detailmodifikationen. Alle Maßnahmen haben das Ziel, sie von unsinnigen Ecken und Kanten zu befreien und dabei den Charakter zu bewahren.

Auf Anhieb fällt die leicht veränderte Sitzposition auf: Die Fußrasten sind geringfügig höher und weiter hinten montiert, die Lenkergriffe etwas tiefer und ebenfalls weiter hinten. Mehr Last auf dem Vorderrad generiert das, unbequem ist es nicht. Zudem sollen Fahrer oder Fahrerin auf dem neuen, schlankeren Sitz - er ist jetzt zweiteilig - mehr Platz haben zum ,,Turnen". Gut so. Denn trotz des umfangreichen Feinschliffs an Motor, Getriebe, Quickshifter, Fahrwerk, Reifen und Ergonomie animiert die MT-09 nach wie vor mächtig zum Angasen. So sehr wie nur wenige andere Motorräder dieser Klasse. Der 87,5 kW/119 PS starke Yamaha-Triple dreht freudvoll in den fünfstelligen Bereich. Erst bei 11.500 U/min wird sanft, aber bestimmt abgeregelt. Das maximale Drehmoment von 93 Nm liegt bei 7.000 Touren an.

Richtig gut sind die mittlerweile geschliffenen Umgangsformen des Motors. Die Fahrmodi Regen, Straße und Sport unterscheiden sich deutlich in der Gasannahme, aber auch in der Intensität der elektronischen Regeleingriffe an Bremse und Traktionskontrolle. Ergänzt wird die Assistenzelektronik durch eine Slide-Kontrolle des Hinterrads und eine Wheelie-Kontrolle fürs Vorderrad; die nötigen Daten für die sieben Hilfsmittel stammen von einer Sechsachsen-IMU.

11.200 Euro für das japanische Kurvensuchgerät mit Supermoto-Attitüde sind ein Wort. Denn gespart haben die Japaner nicht willentlich: Großzügiger hätten sie bei der Blinkerrückstellungsautomatik sein können, die reagiert nämlich arg träge. Und vielleicht wäre auch ein kleines Plus an Federwegen nicht schlecht. Aber das war es dann auch schon. Denn vieles ist schon ziemlich perfekt: Abgewinkelte Reifenventile zugunsten kommoder Luftdruckkontrolle, eine hochwirksame, radiale Dreischeiben-Bremsanlage, ein wohl klassenführender Quickshifter zum kupplungslosen Wechsel der Gänge seien genannt. Auch ein bei heftigen Bremsungen flackerndes Bremslicht samt automatisch sich einschaltender Warnblinkanlage gibt es. Eine neuartige und daher ungewöhnliche Zugabe stellen zwei Klangschlitze oben neben dem Tank dar: Sie sollen das Ansauggeräusch möglichst direkt an das Fahrerohr leiten. Eher harmlos-dezent agiert die Unterflur-Auspuffanlage.

Windschutz bietet eine Hyper-Naked konzeptionsgemäß nicht, dafür sehr gute Rücksicht in neuen Spiegeln und eine neue Art des 5-Wege-Joystick für die Bordcomputer-Bedienung. Das passt gut, zudem sind die Menüs logisch aufgebaut und gut erreichbar. Gleich vier Styles für das Display stehen zur Wahl. Sehr gelungen ist auch, dass die Navigation - es stehen Pfeil- und Kartennavigation zur Verfügung - serienmäßig integriert ist; ein Smartphone samt der Yamaha-App ,,My Garage" genügen. Die vielfarbige Kartenanzeige im 5-Zoll-TFT-Display ist so scharf wie Nachbars Lumpi; sie beruht auf Google Street Cross.
Für Mai ist die SP-Variante angekündigt, traditionell mit höherwertigen Fahrwerks- und Bremsenkomponenten. Um die 20 Prozent lag deren Anteil bislang an den Verkäufen. Diesen Anteil wollen die Japaner noch steigern und man darf darauf gespannt sein, was sie diesmal auf Bremsen und Federelemente noch so alles drauflegen.



Technische Daten Yamaha MT-09
Motor:  Flüssigkeitsgekühlter Dreizylinder-Reihenmotor, 890 ccm Hubraum, vier Ventile pro Zylinder, DOHC, 87,5 kW/119 PS bei 10.000 U/min., 93 Nm bei 7.000 U/min; Einspritzung, 6 Gänge, Kette
Fahrwerk: Alu-Brückenrahmen, Motor mittragend, 4,3 cm ø USD-Telegabel vorne, Druckstufendämpfung einstellbar, 13 cm Federweg; Aluminiumguss-Schwinge hinten, Zugstufendämpfung und Vorspannung einstellbar, 11,7 cm Federweg; Aluminiumgussräder; Reifen Bridgestone S23 vorne 120/70 ZR 17, hinten 180/55 ZR 17; 29,8 cm ø Doppelscheibenbremse vorne, 24,5 cm ø Einscheibenbremse hinten
Assistenzsysteme: Drei Fahrmodi vorkonfiguriert (Rain, Street, Sport) plus 2x Custom), regelbare Traktionskontrolle, regelbares ABS inkl. Supermoto-ABS (beides schräglagentauglich), Zweiwege-Quickshifter
Maße, Gewichte und Verbrauch: Radstand 1,430 m, Sitzhöhe 82,5 cm, Gewicht fahrfertig 193 kg. Tankinhalt 14 l, Normverbrauch 5,0 l/100 km, Testverbrauch 5,2 bis 5,6 l/100 km
Fahrleistungen: Höchstgeschwindigkeit über 200 km/h
Preis: ab 11.200 Euro

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