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Sonst noch was? - Verantwortung

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  • 13. Juni 2021, 09:47 Uhr
  • Peter Eck/SP-X
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Sonst noch was? Foto: SP-X

Falscher Job, falsches Fahrrad, falsches Auto: Machen wir eigentlich überhaupt was richtig? Oder müssen wir mehr Verantwortung für unser Leben übernehmen? Vielleicht eine á la Winterkorn?

Was heißt eigentlich ,,Verantwortung"? Da stellen wir uns gar nicht erst dumm und schauen mal direkt im Netz nach einer Definition. Etwa dieser: ,,Mit einer bestimmten Aufgabe, einer bestimmten Stellung verbundene Verpflichtung, dafür zu sorgen, dass alles einen möglichst guten Verlauf nimmt, das jeweils Notwendige und Richtige getan wird und möglichst kein Schaden entsteht."

Hm, mit ,,Verantwortung" werden ja auch überwiegend die Gehälter von Top-Managern gerechtfertigt. Etwa, wenn ein gewisser Herr Winterkorn in seinen besten Jahren bis zu 17 Millionen Euro bei Volkswagen verdiente. Da mutet die ,,Strafzahlung" von gerade mal 11,2 Millionen, auf die sich der ehemalige Vorstandsvorsitzende jetzt mit seinem alten Arbeitsgeber geeinigt hat, geradezu bescheiden an. Weitere 270 Millionen zahlt übrigens die Manager-Haftpflichtversicherung, die VW für seine Vorstände abgeschlossen und deren Prämie sie wohl auch übernommen hat. Kein schlechter Deal, es sind halt clevere Topmanager - zumindest in eigener Sache. Unter den Mitarbeitern in der Redaktion wird übrigens zunehmend diskutiert, ob man sich statt der Fronarbeit an der Tastatur nicht besser für den Ausbildungsberuf ,,Vorstand in der Automobilindustrie" entschieden hätte.

Ja, die Einkommen und damit auch der Zugriff auf die Güter dieser Welt sind alles andere als gerecht verteilt. Da hilft manches Mal nur Eigeninitiative. Etwa, wenn ein dringendes Mobilitätsbedürfnis ansteht und gerade zufällig kein eigenes Fahrrad zu Hand ist, aber durchaus ein anderes. Nimmt man halt dieses, denken sich besonders viele Nutzer in deutschen Großstädten. Spitzenreiter ist hier Leipzig mit über 1.500 gemeldeten Fahrraddiebstählen im vergangenen Jahr. Die Betonung liegt auf ,,gemeldet", denn das werden ja in der Regel nur versicherte Fahrräder. Die Dunkelziffer dürfte deutlich höher liegen. Wie hieß es im alten Agitprop-Lied des Berliner Grips-Theaters noch: ,,Meins oder deins, so geht es alle Tage, meins oder deins, das ist die blöde Frage, wäre das nicht fabelhaft? Meins und deins wird abgeschafft?" Genau, vor allem wenn Deins abgeschafft wird und zu Meins wird.

Apropos Fahrräder. Wenn man wie wir mit einem älteren Drahtesel gegen die bei uns meist von Nordwest kommenden Winde ankämpft, dabei gleichzeig von Horden munter plaudernder und locker in die Pedale tretender Rentner überholt wird, bekommt E-Mobilität eine ganz andere Bedeutung. Wir fühlen uns - abgesehen von den üblichen älteren, in verblichen-magentafarbener Pellwurst-Kleidung strampelnden Radrennern - mehr und mehr als letzte aufrechte, aus eigener Kraft voranstürmende Cycliste.

Was aber wohl gar nicht stimmt. Laut Zahlen des Branchenverbands ZIV gab es im vergangenen Jahr in deutschen Haushalten rund 79 Millionen Fahrräder, nur 6 Millionen mehr als 2016 und darunter lediglich 7 Millionen E-Bikes. Unsere einzige Erklärung dafür: Letztere scheinen überwiegend sonntags und gerade auf unseren Strecken unterwegs zu sein, die 72 Millionen Normalo-Räder halten wahrscheinlich noch Winterschlaf im Keller.

Vom E-Fahrrad ist es nur ein kurzer Gedankensprung zum E-Auto, jenem durch viel Steuergeld subventionierten und medial sehr präsenten Fortbewegungsmittel der Zukunft. Was in den meisten anderen Teilen der Welt allerdings noch nicht so richtig angekommen ist. So zeigen aktuelle Zahlen zum Elektroautoabsatz im ersten Quartal 2020, dass dieses vor allem in China, Nordamerika und Europa auf Interesse stößt. 727.000 der insgesamt 750.000 von Januar bis März zugelassenen Akku-Autos entfallen auf diese drei Regionen, allein 400.000 auf China. Vielleicht sollten die Hersteller noch die eine oder andere klitzekleine Verbrennermotor-Produktionsstätte in der Hinterhand behalten, einfach nur weil das mit der E-Mobilität etwa in Indien, Brasilien oder Südafrika doch noch etwas dauern könnte.

Dauern kann es auch ganz schön, wenn man hierzulande sein Elektroauto unterwegs aufladen will. Die Geschichten über nicht funktionierende, zugeparkte oder anders als in der App versprochen noch gar nicht errichtete Ladestellen sind schon heute Legion. Aber unsere Regierung ist tatkräftig dabei, weitere Abhilfe zu schaffen. Bis 2023 sollen 1.000 zusätzliche Starkstrom-Steckdosen im öffentlichen Raum abseits von Autobahnen entstehen. Wir sind ganz sicher, das wird pünktlich genau so umgesetzt. Schließlich geht es auch hier um Verantwortung, etwa für jene Autofahrer, die sich von Prämien und Versprechungen geblendet und im Vertrauen darauf, etwas Gutes zu tun, für die ,,neue Form der Mobilität" entschieden haben. Sonst noch was? Nächste Woche wieder.

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