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Die Geschichte des Cabrios – und die besonderen Meilensteine

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@ Image by Jürgen from Pixabay (CC0-Lizenz)

Die beliebteste Karosserieform für Oldtimer ist das Cabriolet. Vor allem die sportlichen offenen Fahrzeuge stehen hoch im Kurs, denn sie bieten unter den Autos, die vor allem in der Freizeit genutzt werden, den größten Fahrspaß. In den Anfängen des Automobilbaus waren offene Karosserien allerdings die Regel - und kein Spaßfaktor.

Es war schlicht eine Preisfrage: Autos mit offener Karosserie waren billiger als solche mit geschlossener Karosserie. Es dauerte noch rund 20 Jahre nach der Erfindung des Automobils, bis die ersten Wagen mit einem festen Dach auftauchten. Bis in die dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts blieb das Autofahren eine offene Angelegenheit. Erst dann änderten sich Funktion und Preis des Cabrios - es verlor seinen alltagstauglichen Charakter und wurde teurer.

Der Ursprung der Bezeichnung

Besonders in den Sommermonaten träumen viele Autoliebhaber von einem Cabrio. Ein Cabriolet bietet dem Fahrer die Möglichkeit, die Schönheit der Natur zu erleben und gleichzeitig den Komfort und die Leistung eines Autos zu genießen. Nicht selten wird der Begriff Freiheit mit der besonderen Karosseriebauform in Verbindung gebracht. Nicht umsonst beschäftigen sich einige Ratgeber mit der Frage, worauf man beim Kauf eines Cabrios achten sollte.

Doch was genau ist eigentlich ein Cabriolet - oder kurz: ein Cabrio? Im Duden ist das ganz einfach definiert: Ein Auto mit einem aufklappbaren oder versenkbaren Verdeck. Unter diesen Oberbegriff fallen also auch alle Sonderformen wie Drop Head Coupé (DHC), Speedster, Roadster oder Spyder.

Wie viele Karosseriebegriffe kommt auch der Begriff Cabriolet ursprünglich aus dem Kutschenbau. Beim Cabriolet handelte es sich zunächst um einen leichten zweisitzigen Pferdewagen mit einem Verdeck, das über zwei Stangen starr mit dem Geschirr der Pferde verbunden war - ähnlich wie es heute noch bei einem Sulky im Trabrennsport der Fall ist. An Komfort war bei diesen „Cabriolets“ nicht zu denken, der Besitzer war meist selbst der Kutscher. Historiker gehen davon aus, dass die Bezeichnung für diesen Kutschentyp bis in das 17. Jahrhundert zurückverfolgt werden kann. Vor dem Zeitalter des Automobils verstand man unter einem Cabriolet oft einen Ausflugswagen für Schönwettertage.

Der Name Cabriolet stammt vom französischen Wort „cabrioler“, was so viel bedeutet wie „Luftsprünge machen“. Es dauerte nicht lange und der französische Begriff wurde von englischen und deutschen Kutschenbauern übernommen. Die deutsche Schreib- und Sprechweise Kabriolett ist heutzutage nur selten anzutreffen.

Die ersten Automobil-Cabrios – motorisierte Pferdekutschen

Fast alle Fahrzeuge der ersten Stunde waren, wie eingangs erwähnt, bei näherer Betrachtung eine Form des Cabriolets. So war zum Beispiel auch der erste Opel ein Cabrio. Der Opel Patentmotorwagen „System Lutzmann“ aus dem Jahr 1899 orientierte sich - wie alle Fahrzeuge aus der Frühzeit des Automobils - am traditionellen Kutschenbau und verfügte serienmäßig nur über eine offene Karosserie ohne Verdeck. Insgesamt verließen 65 Patentmotorwagen die Rüsselsheimer Werkshallen, bis die Produktion 1901 eingestellt wurde. Auch der Opel 10/18 PS von 1908 sowie der Opel 6/12 PS von 1910 wurden ab Werk offen ausgeliefert, das Verdeck und der seitliche Wetterschutz waren kostenpflichtige Extras.

Seine moderne Form fand das technische Wunderwerk Automobil um 1900. Vorbei war die Zeit jener frühen Konstruktionen, deren Aussehen Carl Benz selbst 1925 mit einem „vorn gebrochenen Kutschwagen“ verglich: Der Wagen wurde länger, sein Schwerpunkt sank. Mit zunehmender Geschwindigkeit verlangte die Kundschaft aber auch nach einem Wetterschutz, der über die Kutschverdecke der ersten Automobile hinausging.

Cabrios auf dem Vormarsch - Exklusivität stand im Vordergrund

Im Gegensatz zu den Pferdekutschen waren die als Cabriolets bezeichneten Automobile entweder sportliche Luxuswagen mit leistungsstarken Motoren und edlen Karosserien oder leichte, kleinere Sportzweisitzer. Letztere waren vor allem für jüngere Fahrer gedacht, die zu einem relativ günstigen Preis ein recht schnelles Auto erwerben konnten.

Englische Roadster wie die MG-Sportwagen sprachen in den 1930er Jahren vor allem Kunden an, die ein Jahrhundert zuvor wohl Kutschen-Cabriolets gefahren wären. Die kompromisslosen Roadster von der Insel fanden jedoch nur wenige Freunde auf dem Kontinent. Hier blieb das Cabriolet ein exklusives, teures Auto für einen kleinen Kundenkreis. Mercedes-Benz erkannte das Bedürfnis nach offenen Modellen bei dieser exklusiven Klientel und erweiterte sein Angebot erheblich. Für die Baureihen 500K/540K wurden vom Karosseriewerk Sindelfingen verschiedene offene Versionen angeboten, die je nach Modifikation von A bis F durchdekliniert wurden. Dadurch konnte Mercedes-Benz seinen Kunden eine breite Palette an offenen Modellen bieten, die den anspruchsvollen Anforderungen dieser exklusiven Kundschaft gerecht wurden.

Dieses System wurde auch bei den Nachkriegsmodellen beibehalten. Die Cabriolets leiteten sich nun mehr und mehr von einer Coupé-Version ab - so auch beim 220 S, dessen offene Variante die Bezeichnung Cabriolet A/C trug - übrigens mit einer selbsttragenden Karosserie. Der Preis war mit 21.500 Mark für beide Versionen gleich, lag aber um 9.000 Mark über dem der entsprechenden Limousine.

Besondere Typenbezeichnungen fanden Einzug

Bereits in den 1950er Jahren boten zahlreiche Automobilhersteller Cabriolets an. Nun galt es, diesen Modellen eine Typenbezeichnung mit Alleinstellungsmerkmal zu geben. Porsche schuf den 550 Spider, der im Gegensatz zum „Roadster“ nur über ein rudimentäres Verdeck ohne jeden Schutz verfügte. Durch den Filmstar James Dean als Fahrer des Spiders wurde der offene Zweisitzer weltweit bekannt, nicht zuletzt durch seinen tödlichen Unfall in diesem Fahrzeug auf dem Sunset Boulevard in Los Angeles. Noch heute werden Teile aus dem Wrack des Wagens kultverdächtig gehandelt. Zeitweise waren sechs verschiedene Gaspedale des James Dean Spider auf dem Markt.

Die Varianten des Spiders ohne Verdeck unterschieden sich bei anderen Herstellern nur in der Bezeichnung. So gab es Runabout, Roadster, Speedster und andere. Hinzu kamen Cabriolets mit minimalen Schutzabdeckungen für den Innenraum, sogenannte Ragtops. Im geparkten Zustand entsprach das Verdeck einer Persenning. Bei Regenfahrten konnte das Verdeck in der Höhe verstellt werden, sodass die Passagiere darunter Schutz fanden. Bei Jaguar lief ab 1961 der E-Type OTS vom Band. Aston Martin gab seinen Cabrios den Zusatz „Volante“, wohl um zu suggerieren, dass nur das Fliegen schöner sei als die Fahrt in einem offenen Sportwagen der britischen Traditionsmarke.

Die Reise über den großen Teich

Zwei Jahre vor dem 220 S Cabriolet präsentierte Mercedes-Benz den 190 SL, einen zweisitzigen Sportwagen mit 105 PS starkem Vierzylinder und einer Karosserie, die Zitate des 300 SL Coupés aufnahm. Nicht in Frankfurt, sondern in New York wurde der Open-Air-Sportler erstmals der Öffentlichkeit präsentiert - die USA, vor allem die sonnigen Südstaaten, waren der größte Markt für offene Automobile. Für die klassischen britischen Roadster galt das Gleiche.

In der Zeit des Wirtschaftswunders war das Angebot an halbwegs erschwinglichen offenen Fahrzeugen in Deutschland noch recht überschaubar. Der bei Karmann gebaute VW Käfer zum Beispiel war eine Seltenheit im Straßenbild. Auf nüchterne Zahlen verweist der Automobilhistoriker Halwart Schrader: Der Anteil der Cabriolets an allen gebauten Käfern betrug nur rund 1,7 Prozent.

Der Cabrio-Boom in den 1960ern

In den 1960er Jahren erlebten offene Zweisitzer einen regelrechten Boom, nicht zuletzt aufgrund der Impulse aus der Filmindustrie. Viele berühmte Filmautos waren Cabriolets, in denen sich die Stars vor der Kamera am besten in Szene setzen ließen. Man denke nur an Anita Ekberg, die sich 1960 in Fellinis „La Dolce Vita“ von Marcello Mastroianni in einem Triumph TR3A durch das nächtliche Rom chauffieren ließ. Die Szenen mit den meist blonden weiblichen Filmstars mit wehenden Haaren sind bis heute unvergessen und festigten das Bild des genussvollen Offenfahrens als Ausdruck eines Lebensgefühls der Leichtigkeit. Wer offen fuhr, hatte ein höheres Niveau erreicht und ragte aus der Masse der alltäglichen Autofahrer heraus. Der Cabriofahrer zeigte sich der Öffentlichkeit und signalisierte, dass er sich etwas Besonderes leisten konnte.

Noch einen Schritt weiter gingen die Autobesitzer, die sich, standesgemäß chauffiert, auf der Rückbank den Fahrtwind um die Nase wehen ließen. Solche Modelle, die nur hinten ein Stoffverdeck hatten, nannte man „Landaulet“. Das Wort leitet sich von der Kutschenform des „Landauers“ aus dem 18. Jahrhundert ab und wurde mit dem Begriff „Cabriolet“ vermengt. Die ersten Landaulet-Modelle gab es bereits um 1910, allerdings saß beim Renault „AG“ auch der Chauffeur noch unter freiem Himmel - und zwar ohne Dach. Ab 1920 waren die Landaulet-Varianten immer mit einem festen Dach für die erste Sitzreihe und einem Stoffverdeck für die hinteren Passagiere hinter der Trennscheibe ausgestattet. Die Staatskarosse Mercedes 600 Pullman, von der nur 59 Exemplare gebaut wurden und in der beispielsweise Papst Paul VI. in geistlicher Mission Sonne und frische Luft genoss, gehört zu den berühmtesten Vertretern dieser Gattung. Um an diese glorreichen Zeiten zu erinnern, hatte Daimler 2011 das Maybach 62s Landaulet auf den Markt gebracht. Als reinrassiger Vertreter seiner Gattung gilt er allerdings nicht, denn Dachholme, C-Säule und hintere Seitenfenster sind nicht versenkbar.

Veränderte Prioritäten und der weitere Aufstieg – die 1980er und 1990er Jahre

Für Frischluftliebhaber waren die beginnenden 1980er Jahre eine trostlose Zeit, denn fast alle Sonnenanbeter waren ins Nirwana entschwunden. Wichtiger als das Frischluftvergnügen für die Familie waren Themen wie Fahrzeugsicherheit, Waldsterben und Katalysatorpflicht. Da kam der Golf von VW gerade recht, und liebevolle Spitznamen wie „Erdbeerkörbchen“, eine Anspielung auf den henkelartigen Überrollbügel und die bevorzugte rote Lackfarbe, steigerten seine Beliebtheit noch. Der Golf hatte erst in der letzten Generation, die bis 2016 gebaut wurde, den Bügel abgelegt. Mehr als 20 Jahre und zwei Generationen lang führte das Golf Cabriolet die jährlichen Zulassungscharts der offenen Autos in Deutschland an.

Nachdem die weltweiten Verkaufszahlen in den 1980er Jahren zunächst etwas abgeflacht waren, nahm die Erfolgsgeschichte des Cabriolets schnell wieder Fahrt auf. 1988 stellte BMW das erste M3 Cabrio vor - damals noch mit einem 195 PS starken Vierzylinder-Motor unter der Haube. 1990 folgte der 318i Cabrio mit 83 kW/113 PS. Den glanzvollen Schlusspunkt der ersten 3er Cabrio-Generation setzte 1990 das 318i Cabrio (83 kW/113 PS). Mit dem Generationswechsel der 3er Reihe wurde 1993 auch ein neues 3er Cabriolet eingeführt. Das Angebot umfasste die Modelle 318i, 320i, 323i, 325i, 328i und M3 mit einem Leistungsspektrum von 85kW/115PS (318i) bis 236kW/321PS.

1996 revolutionierte Mercedes-Benz mit dem SLK der Baureihe R 170 die Idee des offenen Fahrens: Das Klappverdeck des kompakten Sportwagens bestand nicht mehr aus Stoff, sondern aus Stahl. Die Entwickler sprachen deshalb nicht mehr von einem Verdeck, sondern von einem „Vario-Dach“. In geschlossenem Zustand verlieh das Stahldach dem offenen Sportwagen viel vom Komfort eines Coupés. Auf Knopfdruck öffnete es sich jedoch hydraulisch in Sekundenschnelle der Weite des Himmels. Das erfolgreiche Konzept des Roadsters mit Stahldach wurde 2004 vom Mercedes-Benz SLK der Baureihe R 171 übernommen.

Heutzutage regelrechtes Begriffswirrwarr

Mittlerweile werden bei den Bezeichnungen für Cabrios die verschiedensten Begriffe verwendet. In den USA hat sich der Begriff „Convertible“ durchgesetzt - der Begriff „Cabriolet“ wird seither im englischen Sprachraum kaum noch verwendet. Heute werden die Begriffe entgegen ihrer eindeutigen Definition wild durcheinander geworfen. Ein Audi R8 Spider hat Seitenscheiben, ein TT Roadster desselben Herstellers hat im Gegensatz zum offenen Sportwagen für Puristen inzwischen immer ein Verdeck.

Und immer wieder entstehen neue Definitionen. Als Mercedes mit dem SLK ein Coupé mit Metallklappdach auf den Markt brachte, war der Begriff RHT (Retractable Hard Top) geboren. Drei Jahre später brachte Peugeot den 206 CC mit dem gleichen Dachmechanismus auf den Markt. Die Kategorie „Coupé-Cabriolet“ war geboren. Sozusagen der Fünfer und das Weggli im Automobilbau, denn von nun an war das Cabriolet nicht mehr nur ein Auto für die Sommerfrische, sondern ein Ganzjahresauto, das im Winter als Coupé genutzt werden konnte. Viele Hersteller sprangen auf den CC-Zug auf, mehr oder weniger erfolgreich. Das kleinste Exemplar war ab 2002 der Daihatsu Copen, ein nur 3,40 Meter kurzes Faltdach-Cabrio. Ford kämpfte beim von Pininfarina entwickelten Focus CC mit der Dichtigkeit des festen Klappdachs und gab nach nur einem Modellzyklus entnervt auf. BMW brachte die RHT-Variante beim 3er Cabrio zur Perfektion. Musste man beim 2007er Modell noch Abstriche bei der Kofferraumbeladung hinnehmen, ist das neue 4er Cabrio wieder mit Klappdach ausgestattet.

Bei den Stoffdächern wurden in der Zwischenzeit enorme Fortschritte hinsichtlich Isolation und Schalldämmung erzielt, so dass sie gegenüber dem Coupé kaum noch Nachteile aufweisen. Früher war ein enormer konstruktiver Aufwand erforderlich, um die Verwindungssteifigkeit eines geschlossenen Fahrzeugs zu erreichen - oft verbunden mit einer erheblichen Gewichtszunahme. Das ist heute ganz anders. So hat die Chevrolet Corvette C7 Stingray als Convertible das gleiche Leergewicht wie die Coupé-Version. Das Chassis ist so ausgelegt, dass keine zusätzlichen Verstrebungen notwendig sind, um die gleiche Steifigkeit wie beim Coupé zu erreichen.

Viele Jahrzehnte umfasst die Geschichte des Cabriolets. Angesichts des besonderen Fahrgefühls ist davon auszugehen, dass noch unzählige Jahre folgen werden. Die Geschichte ist noch lange nicht zu Ende geschrieben.

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