Sonst noch was?

Sonst noch was? - Alte Software, neue Probleme

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  • 2. Februar 2024, 15:40 Uhr
  • Günter Weigel/SP-X
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Sonst noch was? Foto: SP-X

Im Winter brauchen E-Autos mehr Strom. E-Busse auch. Das führt mitunter zu Verspätungen, da können Personenbeförderungsunternehmen hierzulande nur staunen. Derweil haben wir bei der Bahn etwas gefunden, das noch funktioniert.  

Eigentlich wollten wir diese Woche nichts über die Bahn schreiben, aber da das altgediente Staatsunternehmen im arg ramponierten Post-Privatisierungs-Modus braucht Hilfe. Wie wir aus allerlei Medien erfahren haben, sucht die Bahn Programmierer. Wer also einen IT-ler kennt oder gar einen übrig hat, sollte sich vertrauensvoll in Berlin melden.  

Kleine Einschränkung: Gesucht werden Programmierer, die noch mit Windows 3.11 umgehen können. Das Programm wurde als Workgroup-Basis im November 1993 veröffentlicht und behob einige Fehler in Windows 3.1.1993, das war just das Jahr als die ostdeutsche Reichsbahn mit der westdeutschen Bundesbahn zur Deutschen Bahn AG zusammengelegt wurde und anschließend privatisiert werden sollte. Damals sogar mit pfuschneuer Software. Während aber die Welt inzwischen bei Windows 11 angekommen ist, nutzt die Bahn noch das Programm von vor 30 Jahren.  

Das erübrigt eigentlich alle Fragen über den Zustand des Unternehmens, aber natürlich gibt es Gründe dafür und die sind durchaus auch technischer Art. Damals wurde, so haben wir es verstanden, die Zugsteuerung eben auf Windwos 3.11 aufgesetzt und weil Züge nun mal länger halten als Autos, sind die von damals auch noch im Einsatz. Und die passenden Steuerungen eben auch.  

Man muss ja auch nicht jeden modischen Schnick-Schnack mitmachen und alle paar Jahre was Neues kaufen. Das führt nur zu neuen Problemen. Das mussten in diesem Winter beispielsweise die Bus-Fahrer in Oslo - nun ja -erfahren. Deren Busflotte wurde ganz klimafreundlich auf E-Busse umgestellt, was prima funktionierte, bis der Winter mit ziemlicher Härte auf die Stadt traf. Da merkten Fahrer und Verkehrsbetriebe recht flott, dass die Akkukapazitäten bei extremer Kälte leiden. Die Reichweite halbierte sich, die Fahrpläne kamen durcheinander und manchmal fiel ein Bus auch aus.  

Das nahmen nicht wenige hierzulande zum Anlass, die neue Antriebstechnik einmal mehr als untauglich zu beschreien. Die Busfahrer in Oslo sehen das eher entspannt. Man müsse eben noch lernen, flexibel mit den Gegebenheiten umzugehen. Dass der Wintereinbruch so stark war, dass auch U-Bahnen und Züge nicht immer fuhren, wurde von den E-Antriebsskeptikern übrigens nicht zur Kenntnis genommen.  

Die Kollegen vom Spiegel haben derweil die tatsächlichen Ausfallzeiten der Busse in Oslo recherchiert: Schockierende 5,5 Prozent der Busfahrten fielen im Dezember aus, im Januar sieht es auch nicht besser aus. Gewohnt ist man allerdings Pünktlichkeitswerte von 99,7 Prozent. Die Fahrgäste nehmen Ausfälle eher gelassen. Bei Verspätungen von mehr als 20 Minuten gibt es Taxigutscheine im Wert von 60 Euro. In deutschen Großstädten und auch bei uns auf dem Land wären die schlechten Winterwerte aus Oslo übrigens ein nachgerade traumhafter Pünktlichkeitswert, von Taxigutscheinen ganz zu schweigen.  

Geträumt haben auch die Autohersteller - von ziemlich hohen Preisen für E-Autos, die sich dank staatlicher Hilfe locker durchsetzen ließen. Kaum ist die Förderung weg, entdeckt nach und nach nun auch wirklich jede Marke, dass man durchaus knapper kalkulieren kann und zumindest befristet, jedenfalls vorläufig, die Preise um ungefähr die Summen senken kann, die wir sonst in unserer Eigenschaft als Steuerzahler draufgelegt hätten. Da hätte man sowohl in der Politik wie auch im Handel sogar mit Rechnern auf Windows 3.11-Basis draufkommen können. Sonst noch was? Nächste Woche wieder. 

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