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Arrivederci Fiat 500 - Abschied mit Stil und Tradition

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Fiat schickt den 500er in Rente, zum Abschied gibt es das schicke Sondermodell ,,Collezione 1957" Foto: Fiat_Stellantis

Wer hätte das gedacht: Der Fiat 500 mit Verbrennermotoren geht nach 16 Jahren Produktionszeit in Rente - wenn auch nicht ganz freiwillig. An mangelndem Erfolg liegt es übrigens nicht.

,,Bella Machina!" und ,,Bravo!" tönte es bei Testfahrten 2007 in Turin. Grund für die Begeisterungsausbrüche der italienischen Passanten war ein kleines Fahrzeug, das an diesem 4. Juli offiziell das Licht der Welt erblickte: der Fiat 500. Die mehr als deutlich zum Ausdruck gebrachte Zustimmung der Italiener deutete es bereits an. Der Fiat 500 kam an. Wie gut, zeigte sich schnell. Der Cinquecento startete seinen Siegeszug nicht nur in Italien. Es wurden weltweit über 3,2 Millionen Exemplare, darunter mehr als 350.000 in Deutschland, unter anderem mit dem Versprechen ,,Dolce Vita" verkauft. Nun aber ist es Zeit, Abschied zu nehmen. Neue Sicherheits- und Datenschutzvorschriften bedeuten das Aus nach 16 Jahren.

Als am 4. Juli 2007 Fiat den 500 ins Rampenlicht rückte, war das genau 50 Jahre nach der Vorstellung des (Nuova) 500, der zwischen 1957 und 1977 produziert wurde. Das knapp 3 Meter lange Wägelchen entwickelte sich nach einigen Anlaufschwierigkeiten zum Bestseller und zum ,,Volkswagen" in Italien. Schon damals gelang es Fiat, den kurzen Viersitzer durch geschickte Marketingkampagnen, neuen Varianten, Detailverbesserungen und vielen Sondermodellen frisch zu halten. Insgesamt 3,7 Millionen Mal lief der auch liebevoll Topolino (Mäuschen) genannte Wagen von den Bändern.

Beim Fiat 500 von 2007 verlief der Start alles andere als holperig. Die Kundennachfrage überstieg die Erwartungen, die Produktionszahlen im polnischen Werk Tychy mussten erhöht werden. Trotzdem kam es zu Beginn zu langen Wartezeiten. Die Fiat-Designer hatten ins Schwarze getroffen. Retro-Elemente wie die runden Scheinwerfer, kleine Räder und wohlgeformte Rundungen machten den 3,55 Meter langen 500er auf Anhieb sympathisch. Für Sonnenanbeter nahm Fiat 2009 die C-Version mit elektrischem Faltdach ins Programm. Auch im Inneren setzten die Designer auf die Retro-Karte. Ein zweifarbiges Armaturenbrett und schöne Rundinstrumente erinnerten an den berühmten Vorfahren. Apropos: Auch die Neuauflage wurde als Viersitzer konzipiert. Und tatsächlich ist das Platzangebot - auch aus moderner Sicht - für die Kürze des Fahrzeugs nicht schlecht. Vorne sitzt es recht bequem, hinten geht es beengter zu. Die größte Herausforderung ist eigentlich, sich nach hinten auf die Plätze durchzuschlängeln. Der Fiat 500 ist ein Zweitürer.

Beim Antriebkonzept war der 500 allerdings nicht rückwärtsgewandt, also Front- statt Heckantrieb und der Motor ist vorne. Bei der Motorenauswahl gab es über die Jahre Vier-. Drei- und Zweizylinder, das Leistungsspektrum reichte von 69 bis zu 105 PS. Auch ein 1,3 Liter-Diesel mit 75 und 95 PS war im Angebot. Wie schon beim Ahnen sorgten die sportlichen Abarth-Versionen (135 PS bis 190 PS) für mehr Spritzigkeit und Fahrvergnügen. Dank strafferer Fahrwerksabstimmungen lassen sich die Abarth-Fahrzeuge für die Kurvenhatz nutzen. Die normalen Cinquecentos eigneten sich dazu nicht; sie sind für gemütliches Cruisen ausgelegt.

Da dem Unternehmen das Geld für Neuentwicklungen fehlte, wurde das Erfolgsmodell frisch gehalten. Wichtigstes Instrument dafür waren sicherlich die über 25 Sondermodelle, die Fiat für den Kleinstwagen aufgelegt hat. Viele waren nur eine Zeitlang in den Preislisten gelistet, manche sehr rar und als Sammlerobjekte gedacht. Wie die vom israelischen Konzeptkünstler Ron Arad mit einer grafischen Fiat 500-Silhouette auf schwarzem Lack versehene Edition, von der nur 200 Stück aufgelegt wurden. Seltener ist die Tributo Trepiuno-Edition, die im März vorgestellt wurde.

Sondermodelle dienten zudem neue technische Errungenschaften zu präsentieren. So verfügte die 2014 vorgestellte Cult-Edition erstmals über einen großen TFT-Monitor als Zentraldisplay, bevor er dann Einzug in die regulären Modelle hielt. Bei Star und Rockstar (2019) stand die Einbindung von Smartphones via Apple und Android Auto im Mittelpunkt. Optisch schön anzusehen war das Modell ,,Vintage" (2015) mit Felgen im Retrostil und historischen Lackfarben. Die Kunden waren bereit dafür tief in die Tasche zu greifen. Schon der normale Fiat 500 war teurer als die meisten Kleinstwagen, die Sondermodelle trieben die Preise locker über 20.000 Euro, gerne auch Richtung 30.000 Euro.

Offiziell spricht Fiat übrigens von neun Sondermodellen, darunter Fiat 500 by Diesel (2008), Fiat 500 by Gucci (2011), Fiat 500 GQ (2013), Fiat 500 Riva (2016), Fiat 500 Anniversario (2017) und der Fiat 500 Dolce Vita (2019). Neben den Bezügen zu Mode transportierten besonders das Modell Riva und - nomen est omen - das Dolce Vita-Sondermodell italienischen Flair und Lebensfreude. Schöne Farben und Details wie etwa mit Schaltknauf aus massivem Mahagoni und weiteren Holzeinlagen beim Riva oder bei Dolce Vita elfenbeinfarbene Ledersitze und ein weiß-blaues Stoffverdeck beim Cabrio.


Doch das süße Leben neigt sich dem Ende zu. Anfang Juli schlägt das letzte Produktionsstündchen des Fiat 500. Die Kosten waren zu hoch, ihn an die ab 7. Juli geltenden Bestimmungen für alle Neuwagen anzupassen. Dazu zählen unter anderem, die Datensicherheit zu gewährleisten und eine erweiterte Sicherheitsausstattung mit Notfall-Spurhalteassistent, Rückfahr- und Geschwindigkeitsassistent. Zumal die Italiener mit dem elektrischen 500e eine Alternative im Programm haben. So erhielt nur der Technikbruder Panda die Updates, er ist besonders in preissensiblen Märkten das wichtigste Modell für Fiat. Kurzentschlossene 500er-Käufer werden aber sicherlich beim Fiat-Händler ihres Vertrauens fündig.

Zum Abschied seines Erfolgsmodells greift Fiat noch einmal historische Bezüge auf und legt zum Geburtstag des historischen Cinquecento von 1957 das Sondermodell ,,Collezione 1957" (ab 26.500 Euro) auf. Wie die am Premierentag vor 67 Jahren vorgestellten 500er-Modelle gibt es das auf 1.957 limitierte Editionsmodell nur mit Stoffverdeck. Exklusives Merkmal sind eine Bicolore-Lackierung in Weiß und Grün sowie das beige Verdeck. Eine Plakette auf dem Mitteltunnel trägt die individuelle Produktionsnummer. In den hinteren Seitenscheiben sind die Silhouetten des ,,Nuova Cinquecento" von 1957 und des aktuellen Fiat 500 zu sehen. So schließt sich der Kreis der beiden Fahrzeuge, die Millionen Autofahrer überzeugten.

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