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Test: Fiat 600e - Der Cinquecento für die Familie

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Der Fiat 600 packt die bekannte Stellantis-E-Autotechnik in eine besonders knuddelige Hülle Foto: Fiat

Der Fiat 600 packt die bekannte Stellantis-E-Autotechnik in eine besonders knuddelige Hülle. Ob die Kombination funktioniert, hängt auch vom Budget des Käufers ab.  

Der elektrische Fiat 500 ist schick, aber nicht unbedingt praktisch. Sein großer Crossover-Bruder mit der Modellnummer 600 will beides sein, muss dabei aber auch Kompromisse eingehen. Die sind allerdings in erster Linie Geschmackssache.  

Beim Design orientiert sich der 600er stark an seinem kultigen kleinen Verwandten. Der hatte schon beim Debüt im Jahr 2007 mit Kulleraugen und Retro-Chic europaweit Sympathiepunkte eingefahren und konnte seinen optischen Vorteil als 500e auch ins Elektro-Zeitalter retten. Der Fiat 600 hat eine ähnliche Kugel-Silhouette und die gleichen Rundscheinwerfer, aber zwei Türen mehr und dadurch andere Proportionen. So ganz will da der Niedlichkeits-Funke nicht überspringen - was auch an den insgesamt üppig gewordenen Abmessungen liegt. Mit 4,17 Metern ist der Crossover rund einen halben Meter länger als der Kleinstwagen. Wer die hohe Ausstattungslinie ,,La Prima" wählt und Mut bei Farbe sowie Accessoires zeigt, kann den 600e durchaus zum Blickfang aufrüsten, eine Naturschönheit wie der 500e ist er aber sicher nicht.  

Das gilt auch für den Innenraum, der zwar ein bisschen Dolce-Vita-Stil im Sixties-Look ausstrahlt, aber zu großen Teilen mit günstigem Kunststoff ausstaffiert ist. Darüber lässt sich hinwegblicken, denn Bedienung und vor allem Platzangebot stimmen. Wer nicht in der Übergrößen-Abteilung einkauft, findet auch in dem kleinen Italiener gut Platz. Selbst hinten sitzt es sich dann zu zweit relativ luftig, sobald der eher enge Türausschnitt passiert ist. An Gepäck passen 360 Liter hinter die Klappe, dank eines doppelten Ladebodens muss beim Auspacken keine große Kante überwunden werden. Kleinkram lässt sich im Innenraum problemlos in der breiten Mittelkonsole unterbringen.  

Unter praktischen Gesichtspunkten steckt der Crossover den Kleinstwagen Fiat 500 wie erwartet also locker in die Tasche. Bei der Effizienz - einem der großen Pluspunkte des kleinen Bruders - kann er immerhin mithalten: Rund 16 kWh genehmigt sich der 600er auf 100 Kilometern im Mix (ohne Ladeverluste), was bei milden Temperaturen eine Reichweite von gut 340 Kilometern (Herstellerangabe: 409 Kilometer) ermöglicht. Wer auf der Autobahn unterwegs ist, kommt bei moderater Fahrweise gut 250 Kilometer weit, so dass auch längere Touren möglich sind. Beim Laden begnügt sich Fiat allerdings mit bestenfalls 100 kW am Schnelllader, was im Konkurrenzumfeld mittlerweile eher unterer Durchschnitt ist. An Wallbox oder Normalladesäule sind serienmäßig die auch bei den meisten Wettbewerbern üblichen 11 kW möglich.     

Den Antrieb leistet ein 115 kW/156 PS starker E-Motor, der eher auf Effizienz als auf Fahrleistungen ausgelegt ist. Die 260 Nm Drehmoment reichen für souveräne Fahrleistungen, die explosiven Beschleunigungsvorgänge anderer E-Mobile beherrscht der Fiat aber nicht. Auch nicht beim Druck auf den Fahrmodi-Schalter, der in der ,,Sport"-Stellung aber durchaus ein wenig mehr Spontanität spendiert. Auch in der ,,Normal"-Einstellung gefallen der verzögerungsfreie und gleichmäßige Durchzug sowie das niedrige Geräuschniveau. Letzteres ist nicht nur antriebsbedingt, sondern resultiert auch aus einer guten Geräuschdämmung. Lediglich bei Autobahn-Reisetempo sorgen Windverwirbelungen an der S-Säule für akustische Störungen. Immer komfortabel hingegen ist das Fahrwerk, das sowohl auf Langstrecke als auch im Stadtverkehr Wellen, Fugen und kleine Schlaglöcher gekonnt wegfedert.  

Mindestens 36.500 Euro will Fiat für den 600e haben. Ausgeglichen wird die Forderung durch eine bereits in der Basis durchaus ordentliche Komfort- und Funktionsausstattung: Klimaautomatik, Tempomat und Apple Car Play/Android Auto sind immer an Bord. Sein optisches Potenzial ausreizen kann der Crossover auf diesem Niveau aber nicht: Bei der Karosseriefarben stehen nur die Uni-Töne Rot, Weiß und Schwarz zur Wahl, zweifarbige Radkappen und ein paar rote Zierteile im Cockpit komplettieren das Design-Programm. Wer den 600er vor allem wegen der Optik kauft, muss zur bereits 6.000 Euro teureren ,,La Prima"-Variante greifen, die mit sehr hübschen Metallic-Lacken (Orange, Blau, Grün und Beige) sowie 18-Zöllern und mehr Chromzier den Lifestyle-Aspekt des Elektro-Fiat betont.  

Zu den wichtigsten Konkurrenten des 600e zählen nicht zuletzt die Stellantis-Konzerngeschwister Jeep Avenger, DS 3, Peugeot E-2008 und Opel Mokka, die aktuell allesamt etwas teurer eingepreist sind. Wer noch mehr sparen will, findet bei Wettbewerbern aber auch teils günstigere, vergleichbare Modelle, etwa den Crossover Hyundai Kona Elektro oder die Limousinen VW ID.3 und Renault Mégane E-Tech Electric.  

Der Fiat 600e bietet gute Platzverhältnisse, hohen Fahrkomfort und eine gute Ausstattung zum akzeptablen Preis. Reichweite und Ladegeschwindigkeit setzen keine Maßstäbe, sollten für viele Nutzungsszenarien jedoch ausreichen. Die wichtigste Kaufgründe dürften aber Design- und Lifestyle-Aspekte sein - und die spielt der Crossover erst als teures ,,La Prima"-Modell voll aus.



Fiat 600e - Technische Daten:

Fünftüriger, fünfsitziger Kleinwagen-Crossover; Länge: 4,17 Meter, Breite: 1,78 Meter (mit Außenspiegeln: 1,98 Meter), Höhe: 1,52 Meter, Radstand: 2,56 Meter, Kofferraumvolumen: 360 - 1.231 Liter

Elektromotor vorne, 115 kW/156 PS, maximales Drehmoment: 250 Newtonmeter, 0-100 km/h: 9,0 s, Vmax: 156 km/h, Vorderradantrieb, Normverbrauch: 15,1-15,2 kWh/100 Kilometer, Testverbrauch: 16 kWh/100 Kilometer, Normreichweite: 409 km, Batterie: 54 kWh (brutto)/51 kWh (netto), Ladeleistung 11 kW (AC)/100 kW (DC), Preis: ab 36.500 Euro.



Fiat 600e - Kurzcharakteristik:

Warum: gutes Platzangebot, komfortabel und leise

Warum nicht: Mittelmaß bei Reichweite und Ladetempo

Was sonst: Peugeot e-2008, Jeep Avenger, VW ID.3

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