Tradition: 30 Jahre Opel Omega (B)

Tradition: 30 Jahre Opel Omega (B) - Fast ein V8

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Im April 1994 debütierte der Opel Omega B als Limousine und Kombi Foto: Opel_Stellantis

Ein Cadillac made in Rüsselsheim, ein Corvette-V8 für Muscle-Car-Power und ein BMW-Sechszylinder für sportive Selbstzünder-Dynamik: Mit dem finalen Opel Omega präsentierte die Marke mit dem Blitz 1993 ein starkes Flaggschiffmodell, das auch in Amerika und Australien für Furore sorgte und fast eine Million Käufer fand.

Heute sind es elektrifizierte Crossover wie der Grandland GSe, mit denen die Marke mit dem Blitz in der Mittelklasse zu frischen Erfolgen fahren will. Vor genau 30 Jahren - H-Kennzeichen-Fans werden hellhörig - wollte Opel dagegen noch einmal ganz hoch hinaus: Als letztes Rüsselsheimer Flaggschiff mit Hinterradantrieb trat der Omega (B) gegen legendäre Familientransporter wie Ford Scorpio oder Volvo 940/960 an, aber auch feine Businessliner wie BMW 5er und Audi A6 forderte er heraus. Und das durchaus erfolgreich, wie die Verkaufszahlen der über zehn Jahre lang produzierten hessischen Limousinen und Kombis verrieten.

Fast eine Million Einheiten des in rundlichen Linien gezeichneten Omega konnte Opel absetzen - und so den Erzrivalen Ford klar deklassieren, dessen Scorpio auf dem Heimatmarkt nicht einmal ein Viertel dieser Zahl erzielte. Aber auch gegen Premiumkonkurrenten punktete Opel, speziell mit der 4,82 Meter langen Kombiversion.

Schicke Laderiesen, darauf verstehen sie sich bei Opel seit 1953, und der Omega (B) überraschte zusätzlich als MV6 mit 115 kW/210 PS starkem 3,0-Liter-V6, vor allem aber mit 1.800 Liter Gepäckraum für Golfbags, Bikes oder Koffer. So viel Volumen bot damals nicht einmal Volvo, und Edellaster wie den Audi A6 Avant toppte der Omega um 40 Prozent. Damit nicht genug an Rüsselsheimer Spezialitäten: Der Omega (B) lieferte die Basis für exklusive Cadillac und australische Holden-Klassiker, und als Opel Omega V8 sollte er eigentlich sogar im automobilen Oberhaus reüssieren.

Mehr als zwei Milliarden Mark hatte Opel schon in den ersten, 1986 lancierten Omega (A) investiert, der in sieben Jahren gemeinsam mit seinem britischen Schwestermodell Vauxhall Carlton 961.000 Käufer fand. Allerdings gab es auch Probleme, die den damals noch fast sprichwörtlichen Nimbus ,,Opel - der Zuverlässige" nachhaltig beschädigten: Die teils mangelhafte Verarbeitungsqualität beim Omega wurde zur Belastung fürs Markenimage. Daran konnten weder sportliche Ikonen wie Omega 3000 oder Lotus Omega etwas ändern noch die von BMW zugelieferten feinen Sechszylinder-Turbodiesel, die im Omega größere Zuverlässigkeit bewiesen als im 5er BMW.

Erst als im Jahr 1993 der berühmt-berüchtigte Opel-Einkaufschef und Kostenkiller José Ignazio Lopez zu VW wechselte, hofften die Opelaner auf ein Ende des Qualitätsdesasters bei der deutschen GM-Dependenz. Die Erwartungen der Kunden an den 1994 eingeführten Omega (B) waren entsprechend hochgesteckt. ,,Der beste Omega aller Zeiten", stellte Omega-Projektmanager Willem F. Kohl gegenüber Fachmedien fest, schließlich mussten Opel-Mitarbeiter gut 2.000 Vorserienfahrzeuge im Alltag ausgiebig testen. Ein in dieser Art beispielloser und erfolgreicher Qualitätscheck. Gewiss, kleine Defizite blieben, aber diese plagten damals alle, so die Beständigkeit neuer, umweltfreundlicher Lacke. Tatsächlich machte dieser letzte große Opel, der dazu passend den letzten Buchstaben des griechischen Alphabets im Modellnamen trug, seine Sache so souverän, dass ihm zum Abschied viele treue Opel-Fans nachweinten - oder sich noch einen finalen fünftürigen Caravan sicherten. Dies, obwohl Kombi-Fans von Opel auch künftig adäquat versorgt wurden, denn der 2003 lancierte Vectra C Caravan bot auf 4,84 Meter Länge vergleichbar viel Platz wie der Omega.

Zeitblende in die frühen 1990er, als Opels Größter, der Senator B, sich aus dem Rennen gegen Wettbewerber wie BMW 7er und Audi 200 zurückzog und das Feld der großen Geschäftsautos dem Omega (B) überließ. Während damals aus dem serienmäßigen Soundsystem des luxuriös ausgestatteten Omega MV6 der Nummer-eins-Erfolg ,,Streets of Philadelphia" des Rockmusikers Bruce Springsteen schallte, auf den Kinoleinwänden Kim Basinger und Alec Baldwin den Action-Klassiker ,,Getaway" mit neuem Leben füllten und die Siegesserie des ersten deutschen Formel-1-Champions Michael Schumacher durch die tödlichen Unfälle von Roland Ratzenberger und Ayrton Senna in Imola überschattet wurde, prophezeiten die Fachmedien dem in Einzel- und Vergleichstest hart rangenommenen neuen Opel-Spitzenmodell eine glänzende Karriere. Hoch gelobt wurde das Preis-Leistungsverhältnis des auch mit einer beispielhaften Sicherheitsausstattung aufwartenden Omega, allein die Laufkultur des Standard-Vierzylinders wurde gerügt. Die Kunden kümmerte das nicht, gab es den Opel doch schon ab 39.550 Mark und damit zehn bis dreißig Prozent billiger als die meisten Wettbewerber. Ford hatte sich beim letzten Scorpio einen Design-Fauxpas geleistet, ein Fehltritt, der dem Omega zusätzlichen Schub in den Verkaufszahlen gab. Sogar den Audi 100/A6 überholte der Blitz, und mit dem globalen Bestseller BMW 5er befand er sich auf Augenhöhe.

Im Jahr 1994 besuchte US-Präsident Bill Clinton das wiedervereinigte Deutschland, und in seiner Rede in Berlin fügte Clinton ähnlich wie John F. Kennedy 1963 deutsche Worte ein: ,,Amerika steht an Ihrer Seite - jetzt und für immer". Deutsches Engineering nach Amerika bringen sollte der Omega als Cadillac Catera, allerdings konnte dieses in Rüsselsheim gebaute Einstiegsmodell in die Cadillac-Markenwelt nur kurzzeitig reüssieren. Auch der als Opel-Senator-Nachfolger ausgerufene Opel MV6 verkaufte sich trotz 3,0-Liter-V6 und exklusiver Serienausstattung eher in homöopathischer Dosierung, vielleicht weil er sich in den Preisen nur knapp unterhalb von Mercedes 320 E und BMW 7er einordnete. Erfolgreicher war dagegen die vom Opel Omega abgeleitete australische Baureihe Holden Commodore Calais, die auf arabischen Märkten als Chevrolet Lumina vermarktet wurde.

Ob dem Omega ein V8 fehlte, um den Blitz heller strahlen zu lassen als den Mercedes-Stern? Opel probierte es, nutzte das Facelift zum Modelljahr 2000, um sein Flaggschiff mit einem 228 kW/310 PS starkem 5,7-Liter-V8-Benziner aus der Corvette zu befeuern. Zunächst war es nur die Studie Omega Caravan V8.com mit damals modernster Kommunikationstechnologie, die vom Mut der deutschen GM-Division erzählte, aber beim Genfer Salon 2000 gab es Broschüren, die den Marktstart des Omega V8 konkret ankündigten. Und dann der überraschende Rückzug des bärenstarken US-Kraftwerks, ob es am nicht standfesten Getriebe lag oder daran, dass sich Opel auf GM-Geheiß aus dem Segment zurückzog? Statt des V8 kam 2003 das Aus für den Raumkreuzer namens Omega zugunsten des kleineren Vectra. Und heute? Opel hat frische Crossover-Modelle angekündigt, vielleicht entflammen Manta oder Monza neue Leidenschaften.

Welche Rolle der Opel Omega (B) als junger Klassiker spielt, erläutert Nicolas Ziegler von der Bewertungsorganisation Classic Analytics: ,,Ein ordentliches Auto, aber im Vergleich zum Vorgängermodell eher unauffällig und weniger attraktiv. Wo es beim Omega A immerhin noch ein paar sportliche Varianten für Fans gab, greift man beim Omega B ins Leere, selbst das Topmodell MV6 ist bislang nicht wirklich zum Sammlerstück gereift. Im guten Zustand gibt es eine Limousine mit der weit verbreiteten 2.0 16V Motorisierung daher schon für rund 3.000 Euro."



Modellhistorie Opel Omega
1986: Der seit den 1950er Jahren in vielen Generationen gebaute Opel Rekord wird abgelöst durch den neu entwickelten Opel Omega (A1), der im August debütiert. Der Omega wird als viertürige Limousine und als fünftüriger Kombi Caravan verkauft. Das britische, fast baugleiche Schwestermodell wird als Vauxhall Carlton vermarktet. Der Omega gewinnt den europäischen Medienpreis ,,Auto des Jahres"
1987: Die zweite Generation des Opel-Spitzenmodells Senator basiert auf dem Omega
1989: Am 23. Februar läuft der 25-millionste Opel, eine Omega Limousine, vom Band. Als Prototyp debütiert auf dem Genfer Salon der legendäre Lotus Omega
1990: Im August wird eine Facliftversion des Omega (A2) lanciert
1993: Im Dezember startet die Vorserienproduktion des neuen Opel Omega (B) und Vauxhall Omega (Nachfolger des Carlton). Opel produziert in diesem Jahr 65.608 Omega, Ford baut 37.993 Scorpio, Audi 110.239 Exemplare vom Typ 100, BMW 145.600 5er, Mercedes 237.818 Einheiten der E-Klasse
1994: Im Januar debütiert in Detroit der Cadillac Catera auf Basis des neuen Opel Omega (B). Ebenfalls zum Jahresbeginn erfolgt die Pressevorstellung des Omega (B). Am 29. April fährt der Omega (B) in die Ausstellungshallen der deutschen Händler. Die zweite Generation des Omega verfügt wie ihr Vorgänger über einen hervorragenden Cw-Wert, und zwar 0,29 bei der Limousine bzw. 0,32 beim Caravan. Der Caravan bietet 1.800 Liter Stauraum, damals nur vom Citroen XM Break übertroffen. Außerdem beeindruckt der Caravan ab der Ausstattung Omega CD mit einem umlegbaren Beifahrersitz, damit Ladegut bis zu einer Länge von 2,95 Meter ins Interieur passt. Die im Omega (A) eingesetzten Reihensechszylinder werden durch neu entwickelte Motoren in V-Bauweise ersetzt. Außerdem steht ein neuer 2,5-Liter-Turbodiesel von BMW im Angebot. Der Spitzentyp Omega MV6 bietet serienmäßig Tempomat, Klimaanlage, beheizbare Vordersitze, elektrische Fensterheber vorn und hinten, elektrische Sitzverstellung, Audioanlage, wärmedämmende Verglasung und Metalliclackierung, im Wettbewerbsumfeld außergewöhnlich. Opel produziert in diesem Jahr 134.002 Omega (mehr als doppelt so viel wie im Vorjahr), Ford baut nur 34.586 Scorpio, Audi 117.104 Einheiten des A6/100, BMW 142.398 Einheiten des 5ers, Mercedes 196.593 Einheiten der E-Klasse
1995: Auf der Frankfurter IAA feiert der Bitter Typ 3 mit der Technik des Opel Omega sein Debüt. Allerdings gelingt es dem Kleinserienhersteller Erich Bitter nicht, sein jüngstes Luxusmodell in Serie gehen zu lassen. Opel produziert in diesem Jahr 124.022 Omega, Ford baut 44.521 Scorpio, Audi 131.825 Exemplare des A6, BMW 114.310 Einheiten des 5ers, Mercedes 197.554 Einheiten der E-Klasse
1996: Im Juli beginnt in Rüsselsheim die Produktion des Cadillac Catera. Opel kommuniziert ein wirtschaftlich erfolgreiches Jahr mit 28,3 Milliarden Umsatz (ein Plus von 2,4 Milliarden gegenüber dem Vorjahr) und 1,52 Millionen produzierten Einheiten (davon 567.248 Neuzulassungen in Deutschland, was 16,2 Prozent Marktanteil entspricht)
1997: Der 25.000ste Cadillac Catera läuft vom Band. Im August Modellpflege für den Opel Omega inklusive nun serienmäßiger Seitenairbags, pyrotechnischer Gurtstraffer, einer dritten Bremsleuchte und mit serienmäßigem Xenonlicht für MV6 und Omega Sport; für andere Versionen gibt es Xenon gegen Aufpreis. Xenon-Licht ist damals sonst nur für die Mercedes E-Klasse und BMW ab dem 5er lieferbar. Der Opel Omega liefert die konstruktive Basis für die jüngste Generation des australischen Holden Commodore Calais
1998: Mit 30,3 Milliarden Mark Umsatz im Jahr erzielt Opel den bisher höchsten Wert der Unternehmensgeschichte
1999: Im August Vorstellung des optisch stark überarbeiteten Omega-Modelljahrs 2000 (Omega B2), die Einführung bei den Händlern erfolgte am 9. Oktober. Der Omega B2 ist durch ein neues Front- und Heckdesign zu erkennen, auch das Interieur gibt sich aufgefrischt. Im September debütiert auf der Frankfurter IAA die Caravan-Studie Omega V8.com mit modernster Kommunikationstechnologie und 5,7-Liter-V8-Motor aus der Corvette. Am 2. Dezember läuft der 50-millionste Opel, eine Omega Limousine, vom Band
2000: Der zum Modelljahr 2001 geplante und auf dem Genfer Salon im März 2000 angekündigte, 250 km/h schnelle (0-100 km/h in 6,9 s) Omega V8 mit 228 kW/310 PS starkem (450 Nm Drehmoment) 5,7-Liter-Y57XE-Motor aus Chevrolet Corvette und Camaro sowie Pontiac Firebird wird nach 32 Prototypen kurzfristig abgesagt, u.a. weil sich die GM-Viergang-Automatik mit Wandler angeblich als nicht standfest genug erwies
2001: Ab Juli wird der Omega auch in Südafrika angeboten. Im August wird das Omega-Motorenprogramm um einen neuen, 150 PS leistenden 2,5-DTI-Diesel-Direkteinspritzer von BMW aktualisiert. Als erster Opel steht der Omega mit optionaler Fünfgang-Automatik im Angebot. Produktionseinstellung für den Cadillac Catera
2003: Im Juli Produktionsauslauf für den Opel Omega B
2024: Opel feiert 125 Jahre Automobilbau, aber auch 30 Jahre Opel Omega (B), der damit zu den neuen Kandidaten für ein H-Kennzeichen zählt

Produktionszahlen:
Omega B (1993-2003): rund 950.000 Einheiten,
davon rund 101.500 Cadillac Catera und 32 Opel Omega-V8-Prototypen
Zum Vergleich: Opel Omega A (1986-1993): 961.241 Einheiten.

Wichtige Motorisierungen:
Opel Omega (B1; Baujahre 1993-1999) mit 2,0-Liter-Vierzylinder-Benziner (85 kW/115 PS bzw. 100 kW/136 PS) bzw. 2,5-Liter-Sechszylinder-Benziner (125 kW/170 PS) bzw. 2,0-Liter-Vierzylinder-Diesel (74 kW/100 PS) bzw. 2,5-Liter-Sechszylinder-Diesel (96 kW/130 PS). Opel MV6 (1993-1999) mit 3,0-Liter-Sechszylinder-Benziner (155 kW/210 PS).

Opel Omega (B2; Baujahre 1999-2003) mit 2,2-Liter-Vierzylinder-Benziner (106 kW/144 PS) bzw. 2,5-Liter-Sechszylinder-Benziner (125 kW/170 PS) bzw. 2,6-Liter-Sechszylinder-Benziner (132 kW/180 PS) bzw. 3,0-Liter-Sechszylinder-Benziner (155 kW/211 PS) bzw. 3,2-Liter-Sechszylinder-Benziner (160 kW/218 PS) bzw. 2,0-Liter-Vierzylinder-Diesel (74 kW/100 PS) bzw. 2,2-Liter-Vierzylinder-Diesel (88 kW/120 PS) bzw. 2,5-Liter-Sechszylinder-Diesel (96 kW/130 PS bzw. 110 kW/150 PS). Opel Omega V8 Prototyp (1999/2000) mit 5,7-Liter-Achtzylinder-Benziner (228 kW/310 PS).

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