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Fahrbericht: BMW R 12 nineT - Purer Spaß an der Freud'

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Trotz des komplett neuen, jetzt einteiligen Stahlrahmens knüpft die R 12 nineT nahtlos an die Vorgängerin an Foto: BMW Motorrad

Nach gut zehn Jahren präsentiert BMW Motorrad einen Nachfolger für die R nineT. Die trägt einen ganz alten Namen, fährt aber eher modern.  

Die Verknüpfung von klassischem Motorraddesign, moderner Technik mit hoher Handwerkskunst samt vielfältigen Möglichkeiten zur Individualisierung sorgten seit 2013 für die Beliebtheit der BMW R nineT. Jetzt tritt die R 12 nineT die Nachfolge an und übernimmt die Rolle des Klassik-Roadsters im Programm. Sie ist ab rund 17.400 Euro zu haben.

BMW hat seine 1,2 Liter-Heritage-Modellreihe komplett umgekrempelt. Die Versionen Pure, Urban/GS und Scrambler sind verschwunden, dafür wurde die Ziffer 12 hinter dem R - der Buchstabe steht für die Boxer-Baureihe - eingefügt. Ein Modell R 12 gibt es denn auch - wieder, muss man sagen. Schon in den Jahren 1935 bis 1942 war eine R 12 im Modellprogramm und wurde in 36.000 Einheiten gebaut; ausgezeichnet hat sie sich dadurch, dass sie als erstes Motorrad weltweit eine hydraulisch gedämpfte Telegabel aufwies. Mit einem solch revolutionären Bauteil kann sich die neue R 12, Basis für die R 12 nineT, nicht schmücken.

Trotz des komplett neuen, jetzt einteiligen Stahlrahmens knüpft die R 12 nineT nahtlos an die Vorgängerin an. Als klassischer Roadster ist sie fahrdynamisch erste Sahne. Der 80 kW/109 PS starke Vierventilboxer liefert in allen Lebenslagen Drehmoment satt, das Fahrwerk ist von der leichtfüßigen Sorte. Der im Leerlauf dumpf bollernde Boxer pufft durch eine verchromte Doppelendrohr-Anlage aus und dreht blitzartig hoch; bereits nach einem Schaltvorgang ist der Galopp-Modus erreicht. Gerade mal eine halbe Sekunde länger als bei der 200 PS-Rakete M 1000 XR dauert der Sprint von null auf hundert. Nicht weniger heftig geht die Dreischeiben-Bremsanlage vor, wenn's denn nötig ist. Dass alle fahrdynamisch wichtigen aktuellen Assistenz-Finessen (Kurven-ABS, dynamische Traktionskontrolle) serienmäßig sind, steht dem Spitzenmodell der R 12-Reihe gut zu Gesicht. Deutlich über 1,85 Meter groß ist man als komfortorientierter Fahrer besser nicht, wobei der eher harte Sitz Langstreckentouren auch nicht gerade bekömmlich macht. Für Ausflüge dagegen ist alles gut, denn das Fahren ist total lässig.

Von Bedienung und Ausstattung her sind gegenüber der Ur-Version der nineT deutliche Fortschritte zu verzeichnen: Ein schlüsselloses Startsystem ist Serie, auch wenn man für Lenkschloss und Tankverschluss weiterhin den Schlüssel zücken muss, einen gut funktionierenden Schaltassistenten gibt es gegen Mehrpreis. Genau wie adaptives Kurvenlicht oder die Smartphone-Integrationsmöglichkeit. Dafür muss man dann auf die schön gezeichneten Doppel-Rundinstrumente für Geschwindigkeit und Drehzahl im Cockpit verzichten. Geschmackssache.  

Dass die Individualisierungsmöglichkeiten an der bisherigen R nineT gerne genutzt wurden, weiß man bei BMW. Deshalb wurde das Nachfolgemodell noch zugänglicher für Änderungen ausgelegt:  Konsequenterweise hat auch der Hersteller selbst sein Zubehörangebot stark erweitert.  ,,Heckabschluss kurz", ,,Lenker Dragbar" oder ,,Heckabschluss Custom schwarz" lauten nur drei von gefühlt 50 Positionen. Aber auch ein Tempomat, ein ,,Windschild Tour" oder ,,Handschutz schwarz" finden sich.

Was es bei der neuen R 12 nineT im Unterschied zur Vorgängerin nicht mehr gibt, sind viele Monate lange Wartezeiten bis zur Auslieferung: Diese überschritten kurz nach Produktionsbeginn 2014 sogar den Zwölfmonats-Zeitraum. Diesbezüglich hat BMW einerseits vorgesorgt, andererseits ist der Überraschungseffekt, dass die Bayern so ein Motorrad ins Programm nehmen, nach zehn Jahren und 110.000 gebauten R nineT sowie einigen Jahren R 18 klarerweise verflogen. Attraktiv ist die R 12 nineT für diejenigen, die den puren Spaß an der Freude beim Fahren wollen.



Technische Daten BMW R 12 nineT  

Motor: Luft-/ölgekühlter Zweizylinder-Viertakt-Boxermotor, 4 Ventile pro Zylinder, DOHC, 1.170 ccm Hubraum, 80 kW/109 PS bei 7.000 U/min., 115 Nm bei 6.000 U/min; Einspritzung, 6-Gang-Getriebe, Kardan  

Fahrwerk: Stahl-Gitterrohrrahmen, Motor mittragend; 45 mm Upside-down-Telegabel, 120 mm Federweg, voll einstellbar; Aluminiumguss-Einarmschwinge mit Momentabstützung (BMW Paralever) mit WAD-Zentralfederbein hinten, Vorspannung und Zugstufendämpfung einstellbar, 120 mm Federweg; Leichtmetall-Gussräder; Reifen 120/70 ZR 17 (vorne) bzw. 180/55 ZR 17 (hinten). 31 cm Doppelscheibenbremse vorne, 26,5 cm Einscheibenbremse hinten  

Assistenzsysteme: Kurven-ABS, schräglagenaktive Traktionskontrolle DTC, Motor-Schleppmomentregelung MSR, drei Fahrmodi (Rain, Road, Dynamic), autom. Blinkerrückstellung, Keyless Ride (ohne Lenkschloss u. Tankdeckel), intell. Notruf; a. W. auch Schaltassistent, Berganfahrhilfe, Tempomat, Smartphone-Integration und Headlight Pro mit adapt. Kurvenlicht

Maße und Gewichte: Radstand 1,511 m, Breite 87 cm, Sitzhöhe 75,4 cm, Gewicht fahrfertig 220 kg, Zuladung 210 kg; Tankinhalt 16 l   

Fahrleistungen: 0-100 km/ 3,6 sec., Höchstgeschwindigkeit über 200 km/h. Verbrauch lt. Norm 5,1 l/100 km; Reichweite ca. 280 km  

Preis:  ab 17.410 Euro 

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