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Strahlen wie die Profis: Oberflächenvorbereitung für Auto, Motorrad und Oldtimer

  • In RATGEBER
  • 11. November 2025
  • Redaktion
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Foto door cottonbro studio

Wofür sich Strahlen wirklich eignet

Wer Teile fürs Auto oder Motorrad aufbereitet, sucht eine Methode, die Lack, Rost und Schmutz gründlich entfernt und dabei die Substanz schont. Strahlen setzt genau hier an. Ob Stahlrahmen, Felgen, Bremssättel, Ventildeckel oder kleine Halter: Das Verfahren schafft eine saubere, leicht aufgeraute Oberfläche, auf der Grundierung und Farbe zuverlässig haften.

Nicht jedes Bauteil ist geeignet. Dünne Bleche können sich verziehen, bei Messing und weichem Aluminium braucht es mildere Medien wie Glasperlen oder Soda. Guss mit Poren reagiert anders als Walzstahl, polierte Edelstahlflächen neigen zu sichtbaren Mattierungen. Gute Praxis ist, jedes Material an einem verdeckten Bereich zu testen, bevor man an sichtbaren Flächen arbeitet.



Ausrüstung klug auswählen

Für wiederholbare Ergebnisse in der Werkstatt sind geschlossene Systeme praktisch, während im Freien nur grobe Arbeiten sinnvoll sind. Siphon- und Druckstrahlanlagen unterscheiden sich in Effizienz und Feinfühligkeit. Drucksysteme tragen schneller ab, Siphonlösungen geben viel Kontrolle bei filigranen Teilen. Entscheidend ist der Kompressor: Realistische 400 bis 700 Liter pro Minute Luftleistung bei 6 bis 8 bar ermöglichen kontinuierliches Arbeiten mit gängigen Düsen.

Wasserabscheider und ein Trockner sind Pflicht, sonst verklumpt das Strahlmittel. Eine verschleißfeste Düse aus Borcarbid hält deutlich länger. Bei den Medien bestimmt die Körnung den Charakter: Edelkorund für zügigen Abtrag, Glasperlen für seidenmatte Oberflächen, Walnussschalen oder Plastikgranulat für sensible Substrate, Stahlschrot nur bei robusten Werkstücken. Wer in der Garage arbeitet, plant oft eine sandstrahl kabine, weil Beleuchtung, Absaugung und Handschuhe die Arbeit sicherer und sauberer machen.



Einstellungen und Technik, die Ergebnisse prägen

Erst die richtige Abstimmung von Druck, Düse, Abstand und Strahlwinkel bringt reproduzierbare Resultate. Ein kurzer Test an einem Probestück spart später viel Schleifarbeit. Dokumentiere dir funktionierende Setups für wiederkehrende Materialien, dann triffst du den Sweet Spot schneller.



Druck, Düse, Abstand

Als grober Startpunkt funktionieren 4 bis 7 bar. Feine Düsen konzentrieren die Energie und sind präzise, größere Düsen arbeiten schneller, brauchen aber mehr Luft. Der Abstand beeinflusst die Aggressivität stark. 10 bis 20 Zentimeter sind ein guter Bereich, näher wird es rauer, weiter wird es gleichmäßiger. Weiche Materialien reagieren sensibel, also Druck reduzieren und die Körnung kleiner wählen.



Strahlwinkel und Tempo

Mit 45 bis 60 Grad Winkel löst du Lack und Rost effizient, ohne die Fläche unnötig aufzurauen. Direkt frontal lässt sich punktgenau arbeiten, führt aber schneller zu Kratern. Gleichmäßige, überlappende Bahnen verhindern Streifen. Nimm dir Kanten und Ecken zuletzt vor, dort sammelt sich Energie und es entstehen schnell Schatten oder Vertiefungen.



Maskieren und Teilereinigung

Gewinde, Dichtflächen und Lagerpassungen bleiben am besten unberührt. Hochfeste Klebebänder, Gummistopfen oder 3D-gedruckte Abdeckungen bewähren sich. Nach dem Strahlen Teile gründlich ausblasen, im Idealfall wässern oder mit Bremsenreiniger spülen und sofort trocknen. Nackter Stahl flasht schnell an, daher zügig phosphatieren, epoxidgrundieren oder konservieren. Tabellen zu Korngrößen, Härten und Düsenverschleiß findest du in Datenblättern und auf Händlerseiten wie datona.de, was beim Feintuning hilft.



Sicherheit, Staub und Umwelt

Strahlstaub ist tückisch. Eine Absaugung mit Zyklonvorabscheider reduziert Feinstaub, zusätzliche Raumlüftung verbessert die Sicht. Trage Atemschutz der Klasse FFP2 oder besser, Gehörschutz und Schutzbrille, auch in geschlossenen Systemen. Handschuhe und Schutzanzug verhindern Reizungen. Strahlmittel regelmäßig sieben, kontaminiertes Material fachgerecht entsorgen. Verwende niemals Quarzsand wegen der Silikosegefahr und achte auf lokale Vorschriften, wenn du im Freien arbeitest.



Praxisbeispiel: Ventildeckel in sieben Schritten



1. Vorbereitung

Alle Dichtungen und Einsätze entfernen, Gewinde und Dichtflächen maskieren, Fett und Öl vorab entfetten. Ein kurzer Probelauf an der Innenseite zeigt, wie aggressiv das Setup wirkt.



2. Medienwahl

Bei Aluminium sorgt Glasperle für ein feines Satin-Finish. Ist starker Lack drauf, zuerst mit feinem Korund vorschälen, dann mit Glasperle veredeln. Körnung zwischen 80 und 150 ist ein guter Startwert.



3. Parameter setzen

Druck auf 4,5 bis 5,5 bar, Düse 4 bis 6 Millimeter, Abstand 15 Zentimeter und ein Winkel um 50 Grad. Gleichmäßig in überlappenden Bahnen arbeiten, nicht zu lange an einer Stelle bleiben.



4. Details und Kanten

Rippen und Logos mit reduzierter Leistung bearbeiten, sonst verlieren sie Schärfe. Bei hartnäckigen Resten die Fläche abkühlen lassen und in kurzen Intervallen nacharbeiten.



5. Reinigung

Teil vollständig ausblasen, danach mit warmem Wasser und mildem Reiniger spülen. Anschließend trocknen, etwa mit Druckluft und einem kurzen Aufenthalt auf der Heizung oder im Warmluftstrom.



6. Finish

Wer den Aluminiumlook erhalten möchte, konserviert mit farblosem Hochtemperaturlack oder einem dünnen Ölfilm. Für Lackaufbau sofort Epoxidprimer einsetzen, solange die Oberfläche technisch sauber ist.



7. Qualitätscheck

Unter gutem Licht auf Schatten, raue Nester und Strahleinschlüsse prüfen. Gewinde freilegen, Maskierungen entfernen und Dichtflächen mit einem feinen Stein leicht abziehen. So sitzt später alles spannungsfrei und dicht.



Mit einer sauberen Arbeitsumgebung, passenden Parametern und etwas Routine bringt Strahlen Teile schnell in einen definierten Zustand. Das erleichtert jede weitere Bearbeitung und sorgt bei Auto und Motorrad für ein Finish, das auf Dauer Freude macht.

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